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Star-Geigerin auf Abwegen

16. August 2010

Julia Fischer ist eine weltweit erfolgreiche Geigerin und die jüngste Hochschulprofessorin Deutschlands. Die Geigenvirtuosin ist aber auch eine herausragende Pianistin.

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Julia Fischer Foto: Decca/ Uwe Arens
Geigenstar Julia FischerBild: Decca/Uwe Arens

Unter den jungen deutschen Geigerinnen ist sie die prominenteste: Längst spielt Julia Fischer in der ersten Liga der internationalen Violinvirtuosen – Prädikat "Jahrhunderttalent". Zunächst galt die Aufmerksamkeit ganz dem Klavier, ersten Unterricht erhielt sie mit drei Jahren von ihrer Mutter, einer aus der Slowakei stammenden Pianistin. Ein Jahr später begann sie parallel mit dem Violinspiel bei einem Lehrer im Nachbarort – mit durchschlagendem Erfolg: In einem Alter, in dem andere Kinder vom Kindergarten auf die Grundschule wechseln, begann Julia Fischer ihre Ausbildung als Geigerin am Leopold-Mozart-Konservatorium in Augsburg. Mit acht spielte sie ihr erstes Violinkonzert mit Orchesterbegleitung, bevor sie an der Musikhochschule in München in die Violinklasse der legendären Ana Chumachenco aufgenommen wurde.

Einfach Musik machen

Julia Fischer mit ihrer Geige Foto: Frank May dpa/lhe
Julia FischerBild: picture-alliance/dpa

Die Prioritäten waren nun klar verteilt, die Geige stand an erster Stelle. Obwohl das tägliche Üben zeitintensiv war, hat Julia Fischer das Klavier nie ganz vernachlässigt: "Dazu habe ich das zu gerne gespielt", bekennt sie. Und mehr noch: "Vielleicht weil ich Musik so liebe, habe ich dieses Ventil gebraucht. Wenn ich Geige gespielt habe, hatte das immer ein konkretes Ziel, ein neues Stück oder ein neues Konzert. Am Klavier konnte ich dagegen einfach Musik machen, spielen was ich wollte und wann ich wollte." Und das ist nicht der einzige Vorteil, den Julia Fischer ihrer Doppelbegabung abgewinnen kann: "Ich habe begonnen, auf dem Klavier die Geigenliteratur zu studieren, etwa den Klavierpart der Brahms- und Beethoven-Sonaten. Das hat mir natürlich eine ganz andere Basis verschafft. Das hat vieles erleichtert."

Die Geige als Alibi

Projekt: Zukunft Geige Foto: DW-TV
Geigen-ZauberBild: DW-TV

An ihrem zwölften Geburtstag gab sie ihr vorerst letztes Konzert als Pianistin, bis sie 2008 in einem Neujahrskonzert in der Alten Oper Frankfurt als Tastenzauberin auf die Bühne zurückkehrte. Und das in einer Doppelrolle: Nach dem 3. Violinkonzert von Camille Saint-Saëns war sie auch als Solistin in dem einzigen Klavierkonzert von Edvard Grieg zu erleben, ein Mitschnitt des Konzertes ist gerade auf DVD erschienen. Selbst für einen Konzertprofi wie Julia Fischer ein nicht alltägliches Erlebnis: "Das wäre für jeden eine besondere Herausforderung gewesen. Die Geige war auch mehr ein Alibi. Wenn am Klavier was schief gegangen wäre, hätten die Leute ja nur ein schlechtes Konzert gehört. Ich dachte mir also: Wenn ich noch Geige spiele, dann ist wenigstens eine Hälfte gut."

Kein "Virtuosenkram"

JuliaFischer Foto: Decca Pressefoto
Julia FischerBild: Decca/Uwe Arens

Mit penibler Vorbereitung und Nervenstärke hat Julia Fischer die Anforderungen dieses speziellen Konzertes gemeistert - und ist gleich auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Für ihre aktuelle CD hat sie sich die Capricen für Violine solo von Niccolò Paganini vorgenommen, 24 irrwitzige Miniaturen, gespickt mit technischen Höchstschwierigkeiten und Prüfstein für jeden großen Geiger. Eigentlich hatte sie mit diesem "Virtuosenkram", wie sie den Zyklus nennt, nicht viel am Hut, doch eines Tages wurde ihre Neugier geweckt: "Ich habe mir damals die Klavierfassung einiger Capricen von Schumann angesehen. Und ich dachte mir, dass man das rückwirkend auch auf die Geige übertragen könnte. Sie sehen wie reine Etüden aus – aber bei Schumann sind die traumhaft schön!“

Autor: Bjørn Woll

Redaktion: Gudrun Stegen