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START-Vertrag

8. April 2010

Der Kreml ist unzufrieden, dass der neue START-Vertrag keinen Zusammenhang zwischen Offensivwaffen und Raketenabwehrsystemen herstellt, so Experten. Moskau könnte von ihm zurücktreten, wenn die USA ihre Systeme ausbauen.

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Start einer Abwehrrakete (Grafik: DW)
US-Raketenabwehr als potentieller KonfliktpunktBild: AP Graphics

Der neue START-Vertrag stelle einen Kompromiss dar, in dem beide Seiten das wiederfänden, was sie erreichen wollten, sagt Dmitrij Trenin, stellvertretender Leiter des Moskauer Carnegie-Zentrums. Russland habe in erster Linie eine Vertragsgrundlage für die strategischen Beziehungen im nuklearen Bereich angestrebt - und erreicht. Das Land müsse außerdem weniger Informationen an die USA geben, als es noch im ersten START-Vertrag vereinbart war.

Präsidenten George Bush und Michail Gorbatschow unterzeichnen START-Eins-Vertrag (Foto: dpa)
Unterzeichnung des START-I-Vertrags durch die Präsidenten George Bush und Michail Gorbatschow (31.07.1991)Bild: picture-alliance/dpa

Die Amerikaner wollten Trenin zufolge die Anzahl der Atomsprengköpfe reduzieren - und auch das war erfolgreich. "Den Amerikanern ist es ferner gelungen, mehr Trägersysteme zu behalten, als von der russischen Seite gefordert", erläuterte Trenin. Die USA könnten sie nun mit konventionellen Sprengköpfen für andere Ziele verwenden.

"Potentieller Konflikt"

Ein Konfliktpunkt bleibt jedoch bestehen, bei dem es um die US-Pläne zum Aufbau einer Raketenabwehr geht: "Russland wollte erreichen, dass ein Zusammenhang zwischen Offensiv- und Defensivwaffen hergestellt wird", so Trenin. Das sei dem Land aber mit dem neuen START-Vertrag nicht gelungen. Der Vorsitzende des Duma-Ausschusses für internationale Angelegenheiten, Konstantin Kossatschow, sagte, dies sei schon immer ein entscheidendes Problem bei den russisch-amerikanischen Vereinbarungen auf dem Gebiet der Rüstungskontrolle gewesen - und das bleibe auch künftig so, betonte er.

Auch der Chefredakteur der unabhängigen Militär-Zeitung "Nesawissimoje wojennoje obosrenije", Wiktor Litowkin, sieht hier einen potentiellen Konflikt. Im Falle eines Ausbaus der US-Raketenabwehr in Europa könnte Russland seine Sicherheitsinteressen bedroht sehen, erläuterte der Experte. "Dann könnte Russland vom START-Vertrag zurücktreten", so Litowkin.

Portrait des russischen Außenministers Sergej Lawrow (Foto: AP)
Sergej Lawrow behält sich Recht vor, vom Vertrag zurückzutretenBild: AP

Schon bevor das START-Abkommen unterzeichnet wurde, ließ der russische Außenminister Sergej Lawrow verlauten, Russland habe das Recht, vom Vertrag über die strategischen Offensivwaffen zurückzutreten. Das könnte der Fall sein, wenn der quantitative und qualitative Ausbau des strategischen US-Raketenabwehr-Systems sich erheblich auf die Effektivität der russischen strategischen nuklearen Kräfte auswirken würde. Ob dieser Fall eintreten werde, entscheide allein Russland, sagte der Minister weiter.

"Ergebnis des Neustarts der Beziehungen"

Der neue START-Vertrag zeige auch, dass die USA und Russland partnerschaftliche Beziehungen pflegen wollten, sagt Trenin. "Das Dokument ist wichtig als Symbol, als reales Ergebnis des Neustarts der Beziehungen." Dieser symbolische Wert sei viel wichtiger als Vereinbarung über die Reduzierung der Sprengköpfe: "In der heutigen Situation spielt das keine entscheidende Rolle mehr, weder für die internationale Sicherheit insgesamt noch für die Beziehungen zwischen den USA und Russland."

Der START-Vertrag muss nun noch in beiden Ländern ratifiziert werden. Barack Obama brauche im US-Senat die Unterstützung von 67 Senatoren, erklärt Trenin. Er müsse also nicht nur Anhänger im Lager der Demokraten, sondern auch unter den Republikanern finden. Das könne schwierig werden. Im russischen Parlament dagegen sei alles viel einfacher, sagt Trenin weiter. Die Duma könne den Vertrag in ein paar Stunden ratifizieren, wenn der Kreml das Kommando dazu gebe.

Autor: Jegor Winogradow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Julia Kuckelkorn