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Stasi-Akten von Kohl teilweise einsehbar

Nina Werkhäuser3. August 2004

Bei der Stasi-Unterlagenbehörde lässt sich erfahren, gegen wen der DDR-Staatssicherheitsdienst wie vorgegangen ist. Und natürlich zählen zu den Opfern auch Persönlichkeiten wie Helmut Kohl.

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Nicht jeder darf Helmut Kohls Stasi-Akten einsehenBild: AP


Die Stasi-Akten von Helmut Kohl bleiben größtenteils verschlossen - diesen Richterspruch hatte der Altbundeskanzler Ende Juni vor dem Bundesverwaltungsgericht erstritten. Nach Wortlautprotokollen, Tonbändern und vielen weiteren Dokumenten des Ministeriums für Staatssicherheit werden Wissenschaftler und Journalisten auch weiterhin vergeblich fragen - sie bleiben gut gesichert im Schrank.

Der Schutz der Persönlichkeitsrechte von Helmut Kohl und anderen Personen der Zeitgeschichte hatte für die Richter Vorrang. Für Marianne Birthler, die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, ist das Urteil in vielen Punkten zu strikt. "Die Aufarbeitung wird schwieriger mit Hilfe der Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit, aber sie ist natürlich keineswegs beendet", so Birthler. "Wir werden sehr viel Energie darauf verwenden, trotzdem Wege zu öffnen. Man kann den Leuten auch das Fragen und Forschen nicht verbieten, das werden sie weiter tun. Und sie wissen ja auch schon eine ganze Menge."


Kohl-Akten nur zum Teil unter Verschluss

Vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts galt: Die Akten über Helmut Kohl bleiben gänzlich unter Verschluss. Das ist nun nicht mehr der Fall. Helmut Kohl habe sich nur teilweise durchsetzen können. Unterlagen können unter bestimmten Bedingungen auch künftig ohne die Einwilligung von Personen der Zeitgeschichte und Amtsträgern herausgegeben werden. "Dies wird mit der hohen gesellschaftlichen Bedeutung der Aufarbeitung begründet", erklärt Birthler.

Wer also einen Antrag stellt, hat nun die Chance, zumindest einen Teil der Akten über Helmut Kohl und andere Personen der Zeitgeschichte einzusehen. Der Antrag wird allerdings nach sehr strengen Kriterien geprüft. Das Ziel muss in jedem Fall die Erforschung der Tätigkeit des Ministeriums für Staatssicherheit sein - so steht es im Stasi-Unterlagengesetz. Dort steht allerdings nicht, dass Journalisten beim Zugang zu den Akten schlechter gestellt werden dürfen als Wissenschaftler.


Medien sind Verlierer des Urteils

Das aber hat das Bundesverwaltungsgericht so festgelegt - sehr zum Ärger von Marianne Birthler. Denn die Medien und auch die politische Bildung "sind die eigentlichen Verlierer dieses Urteils. Sie haben in den vergangenen 12 Jahren einen sehr wichtigen Anteil an der Aufarbeitung gehabt. Diese Bedeutung war auch vom Bundestag gewollt, deshalb wurden Forschung und Medien beim Zugang gleich gestellt."

Das aktuelle Urteil erlaubt die Herausgabe bestimmter Informationen ausdrücklich nur an Wissenschaftler. Birthler bezweifelt, dass diese Einschränkung den ursprünglichen Absichten des Gesetzgebers entspricht. Sie habe aber keine Möglichkeit, gegen das Urteil vorzugehen, der Rechtsweg sei ausgeschöpft. Die Beauftragte für die Stasi-Akten bereitet nun die Herausgabe derjenigen Akten über Helmut Kohl vor, die zugänglich sein werden. Im Herbst soll die Prüfung abgeschlossen sein. Zehn Wissenschaftler und Journalisten haben bereits einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt.