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Berlin besorgt um OSZE-Geiseln

26. April 2014

In der Ostukraine halten moskautreue Separatisten weiterhin OSZE-Militärbeobachter fest. Darunter sollen auch vier Deutsche sein. Die Bundesregierung ist alarmiert. Außenminister Steinmeier wendet sich an Moskau.

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Fahrzeug der OSZE im Osten der Ukraine (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

In einem Gespräch mit seinem Kollegen Sergej Lawrow hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier Russland aufgefordert, sich für die Freilassung der in der Ostukraine festgesetzten Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) einzusetzen. Der Minister habe in dem Telefonat seine Sorge über den Fall geäußert, hieß es aus seinem Umfeld. Das Auswärtige Amt habe sich auch ein weiteres Mal an die russische Botschaft in Berlin gewandt.

Darüberhinaus hat das Auswärtige Amt einen Krisenstab eingesetzt. "Wir nutzen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel, um die Umstände aufzuklären, denen die OSZE-Beobachter in der Oblast (Verwaltungsbezirk) Donezk heute ausgesetzt waren, und um eine Fortsetzung ihrer Mission zu gewährleisten", sagte eine Sprecherin des Krisenstabes in Berlin.

Beobachter als Spione verdächtigt

Die OSZE-Militärbeobachter sind am Freitag in Slowjansk von prorussischen Separatisten festgesetzt worden, wie die Regierung in Kiew und moskautreue Aktivisten vor Ort übereinstimmend berichteten. Nach den Worten von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sollen auch vier Deutsche festgehalten werden - drei Bundeswehrangehörige und ein Dolmetscher. "Wichtig ist, dass wir jetzt alle diplomatischen Kanäle nutzen, dass dieses Team unverzüglich und unversehrt freikommt", betonte von der Leyen in einer öffentlichen Erklärung. Insgesamt sollen 13 OSZE-Inspekteure in Gefangenschaft sein. Die Separatisten werfen ihnen Spionage vor, da sie Lagepläne der Straßensperren bei sich hatten.

Die OSZE geht davon aus, dass sie bald einen direkten Kontakt zu den festgehaltenen Beobachtern bekommt. Dieser war am Freitagmittag abgerissen. Man hoffe, dass das am Samstag möglich sein werde, sagte der Vizechef des OSZE-Krisenpräventionszentrums, Claus Neukirch, dem Sender ORF. Die OSZE sei aber nicht der Verhandlungspartner für die prorussischen Kräfte, da es sich bei den Festgehaltenen nicht um Mitglieder der eigentlichen OSZE-Beobachtermission handele, sagte Neukirch. Sie seien Teil einer bilateralen Mission unter Leitung der Bundeswehr. Die ukrainische Regierung hatte sie eingeladen. Daher würden Verhandlungen nun durch die Bundesrepublik geführt, meinte Neukirch.

Nach OSZE-Angaben gehören der Beobachtergruppe Vertreter aus fünf Ländern an. Neben den Deutschen seien dies je ein Inspekteur aus Tschechien, Dänemark, Polen und Schweden. Die Beobachter sind nicht bewaffnet. Nach Angaben des Innenministeriums in Kiew wurden sie zusammen mit mehreren ukrainischen Militärs und dem Busfahrer unter Zwang ins örtliche Gebäude des Geheimdienstes gebracht.

Kiew kündigt mehr Macht für Regionen an

Der örtliche Separatistenführer in Slowjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, lehnt bislang eine Freilassung der OSZE-Mitarbeiter ab. Er bezeichnete sie als "Kriegsgefangene" und sprach von insgesamt zwölf Personen, darunter vier ukrainische Offiziere. "Ihnen geht es gut, aber ich kann nicht sagen, wann sie wieder freikommen", sagte der selbsternannte Bürgermeister der "Bild"-Zeitung laut einer vorab verbreiteten Mitteilung.

Die bewaffneten prorussischen Kräfte kontrollieren die Stadt. Regierungstreue ukrainische Einheiten haben Slowjansk umstellt. Ein Hubschrauber der Einheit wurde nach Angaben des Verteidigungsministeriums in der Nähe der Stadt von einer Rakete getroffen, danach explodierte er. Am Vortag waren bei einem Vorstoß der Armee mehrere prorussische Kämpfer getötet worden. Die Milizionäre lehnten eine Kapitulation erneut ab. Die moskautreuen Separatisten halten auch in mehreren weiteren Orten im Osten der Ukraine Verwaltungsgebäude besetzt. Sie fordern eine weitgehende Autonomie für das russisch geprägte Gebiet.

Die Ukraine soll nach Angaben der Regierung in Kiew bald dezentralisiert werden, um auch Minderheiten mehr Mitspracherechte zu geben. "Dezentralisierung ist ein grundsätzlicher strategischer Punkt unserer Politik. Wir wollen den lokalen Regierungen mehr Macht geben", sagte Vizeaußenminister Danilo Lubkiwski bei den Vereinten Nationen in New York." In den Regionen selbst soll entschieden werden, welche Straßen gebaut und wo Gelder investiert werden", sagte Lubkiwski. Niemandem drohe Unterdrückung in der Ukraine. "Wir lehnen jeden Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und diese anderen Krankheiten ab. Das ist barbarisch und mittelalterlich, und wir werden das bekämpfen, wo wir können." Jeder Ukrainer habe die gleichen Rechte. "Es gibt keine Gefahr für jemanden, der in der Ukraine russisch, polnisch, tschechisch oder eine andere Sprache spricht", sagte Libkiwski.

nis/rb (rtr, dpa, afp)