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Steinmeier begrüßt Annäherung der Ukraine an EU und NATO

2. März 2006

Am 28.2. weilte Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Kiew. Dort sprach er mit der ukrainischen Führung über den Wahlkampf in der Ukraine sowie die Aussichten für einen Beitritt der Ukraine zur EU und NATO.

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Präsident Wiktor Juschtschenko und Außenminister Frank-Walter Steinmeier am 28. Februar in KiewBild: AP

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von positiven Veränderungen in der Ukraine nach der "orange Revolution". Sein Lob bekräftigte Steinmeier mit einem wichtigen Signal: "Deutschland begrüßt die Annäherung der Ukraine an die Europäische Union, an die NATO ausdrücklich. Und wir sagen auch, die Geschwindigkeit der Annäherung hängt, und das wissen unsere ukrainischen Gesprächspartner, ganz entscheidend von den weiteren Reformanstrengungen und von den Reformleistungen hier in der Ukraine ab. Deshalb freue ich mich nicht nur für Deutschland, sondern auch für die Europäische Union, dass mir mein Kollege die engagierte Fortsetzung der Reformbemühungen insbesondere in den Bereichen Korruptionsbekämpfung, Justiz und Wirtschaft zugesagt hat."

Partnerschaftsabkommen erneuern

Von einem baldigen Beitritt der Ukraine zur europäischen Gemeinschaft kann jedoch keine Rede sein, denn die EU führt derzeit eine der schwierigsten Debatten seit ihrer Gründung. In diesem Zusammenhang betonte Steinmeier: "Wir haben nach dem Fehlgehen der beiden Referenden in Frankreich und den Niederlanden über die Europäische Verfassung auch eine Diskussion über die Grenzen, über die Aufnahmefähigkeit, über die Identität der Europäischen Union, aber dennoch ist auch die Ukraine Gegenstand einer intensiven Europäischen Nachbarschaftspolitik, mit der versucht wird, den Nachbarschafts-Raum zur Europäischen Union auf das Niveau der Europäischen Union selbst zu heben. Wir haben bei dem Gespräch eben darüber gesprochen, dass der nächste Schritt sein wird, das gemeinsame Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, das 2008 ausläuft, mit neuem Geist zu erneuern. Das wird die Aufgabe der nächsten Zeit sein."

Kiew: Deutschland wichtiger Handelspartner

Der ukrainische Außenminister Borys Tarasjuk sagte, der ukrainisch-deutsche Dialog sei intensiv. Tarasjuk traf in den vergangenen drei Monaten mit seinem deutschen Kollegen drei Mal zusammen. Der ukrainische Außenamtschef unterstrich, beide Seiten seien vor allem mit ihrer Kooperation in den Bereichen Handel und Wirtschaft zufrieden. "Deutschland ist unter den EU-Staaten für die Ukraine der wichtigste Handelspartner, weltweit der zweitwichtigste nach Russland", betonte Tarasjuk.

Steinmeier setzt Zeichen

Rainer Lindner von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin sagte der Deutschen Welle, der deutsche Außenminister habe bei seinem Besuch in Kiew der europäischen Integration der Ukraine besondere Aufmerksamkeit gewidmet: "Deutschland hat wahrscheinlich wie kein anderer Staat, außer Polen vielleicht, daran Interesse, die Ukraine zu stabilisieren und in die EU zu führen. Ich glaube, man sollte diesen Besuch des deutschen Außenministers unmittelbar vor der Wahl eben auch als solches Zeichen werten, dass Deutschlands in einer schwierigen Zeit, auch innenpolitisch für die Ukraine schwierigen Zeit, zu diesem Land steht und diejenigen Kräfte unterstützt, die an diesem Kurs der europäischen Integration festhalten."

Kommt es in der Ukraine zur großen Koalition?

Linder zufolge sind die internationalen Partner der Ukraine daran interessiert, dass sich als Ergebnis der Parlamentswahl am 26. März die politische Lage in der Ukraine stabilisiert. Über das mögliche Wahlergebnis sagte Lindner: "Es wird keine Neuauflage der ‚orange Regierung’ geben. Es wird eher vermutlich auf eine große Koalition hinauslaufen, der Kräfte aus der Partei der Regionen und einer Koalition, vielleicht auch aus Kräften des ‚orange Lagers’, wenngleich im Moment diese Koalition von der Mehrheit der Ukrainer übrigens noch abgelehnt wird. Aber ich vermute, es wird durch die Arithmetik der politischen Machtverteilung nicht anders zu machen sein."

Kiew wird außenpolitischen Kurs nicht ändern

Der Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik meint, dass es nach den Wahlen keine grundsätzliche Änderung der Außenpolitik in der Ukraine geben wird. Der Kurs der europäischen Integration würde unabhängig von der Konfiguration der künftigen Regierung fortgesetzt werden: "Wir dürfen nicht vergessen, dass die derzeitigen Äußerungen, vor allem aus dem Lager der Partei der Regionen über die Außenpolitik natürlich im Zeichen des Wahlkampfs stehen. Man will seinen Wählern vor allem im Osten des Landes eine stärkere Bindung an Russland zusichern. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Kurs der Ukraine in Richtung EU und NATO von Kutschma begonnen wurde, das heißt, in der ‚vor-orange Zeit’ bereits. Diese Ausrichtung wird nicht rückgängig gemacht, auch nicht von einer Koalition aus Kräften der Partei der Regionen und anderen. Das, was dort im Moment gegen diesen Kurs gesagt wird, ist in der Tat Wahlkampf-Rhetorik. Eine Regierung unter Beteiligung der Partei der Regionen wird sich den Realitäten anpassen müssen."

Eugen Theise, Sachar Butyrskyj, Kiew
DW-RADIO/Ukrainisch, 28.2.2006, Fokus Ost-Südost