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Steinmeier: "Russland muss seinen eigenen Weg finden"

23. März 2006

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich am 21. März auf der Jahresmitgliederversammlung des Deutsch-Russischen Forums zu den deutsch-russischen Beziehungen sowie zur Lage in der Ukraine und Belarus geäußert.

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Außenminister Frank-Walter Steinmeier: Niemandem dient Abgrenzung Russlands vom WestenBild: dpa

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier erinnerte in seiner Festansprache auf der Jahresmitgliederversammlung des Deutsch-Russischen Forums in Berlin an die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin vor dem Deutschen Bundestag im Jahre 2001. Damals habe sich der russische Präsident klar zu einer europäischen Verankerung Russland bekannt. Steinmeier sagte: "Hinter einem solchen Angebot, ich habe es damals schon gesagt, steckt aus meiner Sicht mehr, als nur eine geografische Orientierung, dahinter steckt auch ein Bekenntnis, ein Bekenntnis zu gemeinsamen Wurzeln, zu gemeinsamer Kultur, und ich bin mir sicher, auch zu gemeinsamer Zukunft. Und es ist Ausdruck auch unserer geschichtlichen Erfahrung. Die Modernisierung Russlands braucht Europa, wird Europa brauchen, wird unserer Hilfe bedürfen, unserer Sympathie und auch unseres Engagements. Niemandem wird damit gedient sein, wenn Russland seine Entwicklung in Abgrenzung zum Westen verfolgt."

Russland braucht Zivilgesellschaft

Steinmeier erklärte, dass in Europa Frieden, Sozialschutz und Wohlstand auf Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Marktwirtschaft und einer Bürgergesellschaft basierten. Bezüglich Russland sagte er: "Der Wandel in Russland wird vom Staat allein ebenso wenig gestaltbar sein, wie bei uns. Russland braucht eine lebendige und unabhängige Zivilgesellschaft. Unabhängige Medien und eine kritische Öffentlichkeit werden der russischen Entwicklung nicht schaden, sondern sie fördern. Wir wissen aus der russischen Philosophie und Literatur, Freiheit, Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Meinungsvielfalt sind keine Russland fremden Kategorien, sie haben große Denker dieses Landes stets bewegt und motiviert. Es geht im Übrigen auch nicht darum, Russland ein Modell aufzuzwingen. Russland muss seinen eigenen Weg im Einklang mit europäischen Werten finden."

Dreieck EU-Russland-Ukraine

Vor kurzem hielt sich Steinmeier in Kiew auf, wo ihm erneut der Wunsch nach einer schnellen Integration der Ukraine in die EU und NATO vorgetragen wurde. Vieles hänge von der Ukraine, vom Erfolg der Reformen im Lande selbst ab, so der Minister. Er betonte zugleich: "Jede Regierung in der Ukraine hat auch Verantwortung für möglichst konfliktfreie Beziehungen zuwischen der Ukraine und Russland. Im Dreieck EU-Russland-Ukraine müssen die drei Seiten möglichst gleich lang sein. Gestörte Beziehungen zwischen zwei dieser drei Partner destabilisieren die Region. Die Voraussetzung für regionale Stabilität allerdings ist, dass alle Seiten aufhören, in traditionellen Einflusssphären und Kategorien von geopolitischer Rivalität zu denken."

Kritik am Regime in Belarus

Über die bevorstehenden Parlamentswahlen in der Ukraine sagte Steinmeier, sie würden wohl fair und frei verlaufen, was man von den Wahlen in Belarus nicht sagen könne. Trotzdem befürwortet der deutsche Außenminister keine Sanktionen gegen Minsk, weil diese den Menschen in Belarus nicht helfen würden. Steinmeier machte jedoch deutlich: "Wir müssen aber sagen, und das mit großer Deutlichkeit, an die politische Führung in Weißrussland, Autoritarismus und Repression passen nicht in das Europa des 21. Jahrhunderts."

Nikita Jolkver
DW-RADIO/Russisch, 22.3.2006, Fokus Ost-Südost