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Steinmeier und Ayrault pochen auf Reformen

22. Februar 2016

Die Ukraine steckt in einer tiefen Regierungs- und Wirtschaftskrise. Um das angeschlagene Land auf einem proeuropäischen Reformkurs zu halten, reisen die Außenminister Deutschlands und Frankreich gemeinsam nach Kiew.

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Die Außenminister Ayrault (links) und Steinmeier auf dem Berliner Flughafen Tegel (Foto: dpa)
Die Außenminister Ayrault (links) und Steinmeier auf dem Berliner Flughafen TegelBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Die beiden Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Jean-Marc Ayrault haben kurz vor dem Abflug nach Kiew an die ukrainischen Parteien appelliert, den Reformkurs fortzusetzen. Steinmeier sagte in Berlin, angesichts der innenpolitischen Turbulenzen in der Ukraine sei es "höchste Zeit", direkt mit den wichtigen Akteuren zu sprechen. Der SPD-Politiker kritisierte unter anderem einen "erheblichen Zeitverzug" bei den Arbeiten an einer neuen Verfassung und einem neuen Wahlgesetz. Zugleich forderte er die Ukraine auf, die Friedensvereinbarungen von Minsk für den Osten des Landes vollständig umzusetzen.

Sein französischer Kollege Ayrault sagte ebenfalls in Berlin: "Diese Reise zielt darauf, Lösungsansätze für eine der schlimmsten Krisen zu finden, die die Europäische Union in ihrer Nachbarschaft zu bewältigen hat." In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" riefen die beiden Politiker die ukrainische Führung auf, auch den Kampf gegen Korruption fortzusetzen.

Alltag in Trümmern

Deutschland und Frankreich arbeiten mit der Ukraine und Russland im sogenannten Normandie-Format an der Umsetzung der Minsker Vereinbarung. Das nächste Treffen der Außenminister aus allen vier Staaten soll nach Ayraults Angaben am 3. März in Paris stattfinden.

Neuwahlen absehbar

In Kiew wollen Steinmeier und Ayrault unter anderem mit Präsident Petro Poroschenko, Regierungschef Arseni Jazenjuk und Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko zusammenkommen. Jazenjuk hatte vergangene Woche seine Mehrheit im Parlament verloren, nachdem zwei Parteien aus dem Regierungsbündnis ausgetreten waren. Das durch einen Krieg gegen prorussische Separatisten ausgezehrte Land steuert nun auf Neuwahlen zu.

Für Frankreichs neuen Außenminister war dies der erste Berlin-Besuch in neuer Funktion. Der ehemalige Premierminister von der Sozialistischen Partei hatte in der Vorwoche den langjährigen Ressortchef Laurent Fabius abgelöst, der an die Spitze des französischen Verfassungsrats trat.

Neuer Protest auf dem Maidan

Genau zwei Jahre nach den blutigen Unruhen auf dem Maidan-Platz in Kiew steckt die Ex-Sowjetrepublik wieder in einer schweren Regierungskrise. Auf dem Maidan regt sich neuer Protest. Etwa 1000 Demonstranten, viele davon aus dem rechten Lager, forderten am Sonntag den Rücktritt der prowestlichen Führung. Dutzende Regierungsgegner schlugen Zelte auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) auf und besetzten Teile eines Hotels.

Am Samstag hatten Präsident Petro Poroschenko und zahlreiche Ukrainer auf dem Maidan Blumen niedergelegt und Kerzen entzündet im Gedenken an die Opfer der Unruhen vom Februar 2014. Als der prowestliche Aufstand gegen den damaligen Machthaber Viktor Janukowitsch seinen Höhepunkt erreichte, waren rund 100 Menschen getötet worden. Viele wurden von Scharfschützen erschossen. Kritiker werfen den Behörden vor, die Ermittlungen zu dieser Tragödie zu verschleppen. Poroschenko sagte bei einem Treffen mit Angehörigen der Opfer, es sei nicht hinnehmbar, dass die Untersuchungen nicht vorankämen. Eine geplante Justizreform sei für den Erfolg unabdingbar, betonte er.

IWF bremst

Zu der aktuellen Regierungskrise in der Ukraine kommt eine tiefe Rezession hinzu. Die ohnehin schwache Währung Hrywnia büßte seit Jahresbeginn ein Zehntel ihres Wertes ein. Wegen stockender Reformen und der unzureichenden Bekämpfung der Korruption hält der Internationale Währungsfonds (IWF) weitere Hilfszahlungen zurück. Ohne die IWF-Gelder gilt die Ukraine als kaum überlebensfähig. 2015 sagte der Währungsfonds dem Land ein Finanzpaket von 17,5 Milliarden US-Dollar über vier Jahre zu, von dem bisher 6,7 Milliarden geflossen sind. Eine im Oktober fällige Rate von 1,7 Milliarden Dollar hat der IWF bisher nicht ausgezahlt.

Die Außenminister Ayrault und Steinmeier treten den Flug nach Kiew an (Foto: ap)
Die Außenminister Ayrault und Steinmeier treten den Flug nach Kiew anBild: picture-alliance/AP Photo/M. Schreiber

Auch die Bundesregierung drängt zur Umsetzung der Reformpläne. Die Vorgänge rund um den Rücktritt des Wirtschaftsministers und Hoffnungsträgers Aivaras Abromavicius würden zu Recht als Weckruf an die Führung des Landes verstanden, warnte das Auswärtige Amt. Abromavicius hatte seinen Rücktritt Anfang Februar damit begründet, im Kampf gegen die Korruption zu wenig Unterstützung erhalten zu haben.

kle/as (dpa, afp, rtr)