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Steuersünder müssen zittern

30. Januar 2010

Der deutschen Finanzverwaltung sind gestohlene Daten von 1500 vermeintlichen Steuersündern mit Konten in der Schweiz angeboten worden. Soll Minister Schäuble die Informationen kaufen?

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Symbolbild mit schweizer Flagge und Euros (Foto: DW)
Die Schweiz gilt schon lange als die Steueroase - deutsche Steuersünder sind jetzt aber nicht mehr sicherBild: bilderbox / AP / DW Montage

"Frankfurter Allgemeine Zeitung" und die "Süddeutsche Zeitung" berichten, dass den deutschen Finanzkontrolleuren Daten von insgesamt 1500 Anlegern angeboten wurden. Für die Daten verlange der Anbieter 2,5 Millionen Euro. Berliner Regierungskreise bestätigten dies am Samstag (30.01.2010).

Stichproben haben sich bestätigt

Euro-Geldscheine (Foto: AP)
Es geht um Steuernachzahlungen in MillionenhöheBild: dpa/PA

Die Überprüfung der ersten Stichproben aus der Schweiz hätten ergeben, dass in jedem der fünf konkreten Fälle eine Steuernachzahlung von jeweils einer Million Euro fällig würde. Entsprechend würden die Ermittler damit rechnen, dass die Unterlagen rund 100 Millionen Euro in die Staatskasse spülen könnten, wenn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sich auf den Handel einlassen sollte.

Schäuble überlegt laut Medienberichten noch. Sein Sprecher erklärte am Samstag, zum konkreten Fall könne aufgrund des Steuergeheimnisses keine Stellung bezogen werden. Dem Bundesfinanzministerium würden immer wieder Daten zur Verfügung gestellt. Diese Daten würden von den Landesfinanzbehörden geprüft. Vom Ergebnis dieser Prüfung hänge dann das weitere Vorgehen ab.

SPD und FDP dafür

Die SPD forderte Schäuble auf, die Daten zu kaufen. "Die angebotene CD enthält offenbar entscheidende Daten, die zur Aufklärung von zahlreichen Straftaten im Bereich der Steuerhinterziehung führen können", sagte SPD-Finanzexpertin Nicolette Kressl. Selbst die mitregierende FDP kann sich einen Kauf vorstellen. Der Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag, Volker Wissing (FDP), warb für einen Kauf der Daten, verlangte aber zuvor eine rechtliche Prüfung. "Der Finanzminister ist gut beraten, zu klären, ob diese Daten rechtlich einwandfrei erworben werden können", sagte er der "Welt am Sonntag".

Der CDU-Politiker Michael Fuchs riet ab: "Das ist ein gestohlenes Gut. Da würde man Diebe belohnen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Auch Verteidigungsminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU) äußerte sich eher ablehnend. Man müsse "auch rechtsstaatliche Grundsätze gerade auch auf deutscher Seite bewahren". Im Schweizer Fernsehen sagte er, er sei "guter Dinge, dass es nicht zu Verwerfungen (mit der Schweiz) kommt".

Der Schweizer Verteidigungsminister Ueli Maurer sagte am Rande des Weltwirtschaftsgipfels in Davos, sein Vertrauen in Deutschland würde erschüttert, wenn sich der deutsche Staat dafür hergeben würde, "für geklaute Daten zu bezahlen".

Parallelen zur Liechtenstein-Affäre

Ex-Postchef Klaus Zumwinkel bei seiner Festnahme 2008 in Köln (Foto: dpa)
Ex-Postchef Klaus Zumwinkel bei seiner Festnahme 2008 in KölnBild: picture-alliance/ dpa

Der Fall erinnert an die Liechtenstein-Affäre aus dem Frühjahr 2008. Der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte grünes Licht für den Kauf von Daten gegeben. Bis zu fünf Millionen Euro wurden für die Unterlagen bezahlt, die der Liechtensteiner LGT-Bank gestohlen worden waren.

Einer der dadurch überführten Steuer-Kriminellen war der damalige Post-Chef Klaus Zumwinkel. Er wurde schließlich wegen der Hinterziehung von etwa einer Million Euro zu einer Bewährungs- und Geldstrafe verurteilt. Die Bochumer Staatsanwaltschaft ermittelt zurzeit noch in rund 400 weiteren Liechtenstein-Fällen.

In der Folge leitete die Bundesregierung Maßnahmen gegen so genannte Steueroasen ein. Es kam zu Spannungen in den Beziehungen zu Liechtenstein und der Schweiz. Die jüngsten Berichte könnten die laufenden Verhandlungen zwischen der Schweiz und Deutschland über ein neues Doppelbesteuerungsabkommen belasten. Es wird geschätzt, dass deutsche Staatsbürger über 400 Milliarden Schwarzgeld in der Schweiz deponiert haben.

Autorin: Oliver Samson (dpa, ap, afp, rtrs)

Redaktion: Walter Lausch