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Steuerstreit spaltet Deutschland

31. Januar 2010

Soll die Bundesregierung gestohlene Schweizer Daten von möglichen Steuersündern ankaufen? Viele Regierungspolitiker warnen vor Hehlerei, die Opposition fordert vehement den Kauf. Und Finanzminister Schäuble schweigt.

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Bankschliessfächer (Quelle: Ullstein Bild - Teutopress)
Tatort BankschließfachBild: ullstein bild - Teutopress

Bei Union und FDP wächst der Widerstand dagegen, abermals Daten von mutmaßlichen Steuersündern zu kaufen, die illegal beschafft wurden. "Diebstahl bleibt Diebstahl. Mit Dieben sollte sich der Staat nicht gemein machen", sagte der Vorsitzende der Unions-Fraktion, Volker Kauder, der "Süddeutschen Zeitung" (Montagausgabe) laut Vorabbericht vom Sonntag (01.02.2010).

Millionenbeträge hinterzogen

Hand mit Stempel Finanzamt
Dem Fiskus wurden Daten von 1500 Steuersündern angebotenBild: picture-alliance/dpa

Am Samstag war bekannt geworden, dass ein Informant den deutschen Steuerbehörden die Daten von 1500 Deutschen für 2,5 Millionen Euro zum Kauf angeboten hat, die in der Schweiz Geld angelegt haben. Laut "Financial Times Deutschland" stammen die Daten von der britischen Großbank HSBC. Für den Fiskus wäre das eine gute Gelegenheit, Steuerhinterziehern auf die Schliche zu kommen. Eine Stichprobe der angebotenen Daten hat ergeben, dass allein in fünf Fällen Steuernachzahlungen von jeweils einer Million Euro fällig sind.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat bislang nichts darüber verlauten lassen, ob das Datenmaterial gekauft werden soll. Sein Ministerium teilte aber mit, es sei Aufgabe der Landesbehörden, entsprechendes Material zu prüfen. Schäubles Vorgänger Peer Steinbrück (SPD) hatte sich auf ein solches Geschäft eingelassen. In der Folge waren Steuersünder, darunter der damalige Postchef Klaus Zumwinkel, aufgeflogen, die ihr Geld nach Liechtenstein transferiert hatten.

Ein unmoralisches Angebot…

Gebündelte Euro-Scheine
Die Bankdaten könnten Steuernachzahlungen in Millionenhöhe erbringenBild: dpa/PA

Führende Koalitionspolitiker äußerten sich skeptisch. "Manches Interesse an Daten muss sich allerdings auch an rechtsstaatlichen Grundsätzen messen lassen", warnte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in der ARD. Deutlicher wurden Politiker der FDP: "Es kann nicht sein, dass eine christlich-liberale Regierung Hehlerware ankauft", sagte FDP-Finanzexperte Frank Schäffler. "Keine Geschäfte mit Kriminellen", forderte auch der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Otto Fricke, in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Nicht grundsätzlich gegen einen Ankauf ist der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach. "Wenn der Staat von vorneherein keine illegal erworbenen Daten nutzen dürfte, müsste das auch für alle anderen Fälle gelten", gab er laut "Thüringer Allgemeine" (Montagausgabe) zu bedenken.

Für einen Ankauf der Daten sprachen sich Politiker von SPD, Grünen und Linke aus. "Es ist doch skandalös, dass hier jeder Parksünder verfolgt wird, aber nicht die Leute, die bis zu 200 Millionen Euro hinterziehen", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel dem "Hamburger Abendblatt". Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte, Union und FDP seien aus Rücksicht auf ihre Wählerklientel gegen den Ankauf. Auch Linken-Fraktionsvize Ulrich Maurer sprach sich dafür aus, allerdings lehnte der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion, Wolfgang Neskovic, den Handel in der "tageszeitung" ab.

…oder legitime Belohnung?

Bankenviertel in Zürich (Foto: AP)
Kein sicherer Ort für Steuersünder? Bankenviertel in ZürichBild: AP

Rechtmäßig und notwendig nannte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) den Ankauf. Es gebe Straftaten, die nur mit Hilfe von Kriminellen aufgeklärt werden könnten. Ähnlich argumentierte der Chef der Steuer-Gewerkschaft, Dieter Ondracek: Ob der Finanzminister Geld für die Datensammlung ausgebe oder der Staat Belohnungen ausschreibe für Hinweise, die zur Ergreifung von Straftätern führen, mache keinen Unterschied, sagte er der "Bild"-Zeitung.

Vor "Datenschutz nach Kassenlage" warnte dagegen der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. "Ich habe große Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines solches Geschäfts", sagte er. Auch Schweizer Politiker äußerten sich empört über den Datendiebstahl. "Generell halten wir es für ziemlich schwierig, wenn ein Rechtsstaat illegale Daten verwendet", sagte Bundespräsidentin Doris Leuthard laut "Neue Zürcher Zeitung". Die deutsche Regierung dürfe sich nicht zum Hehler von Diebesgut machen, warnte die Schweizer Bankenvereinigung. Vielmehr müssten die Daten dem Eigentümer zurückgegeben werden und der Dieb bestraft werden.

Autor: Dirk Eckert (afp, apn, dpa, rtr)

Redaktion: Herbert Peckmann