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Stichwort: Indirekter Nachweis

24. November 2009

Mit der deutschen Eisschnellläuferin Claudia Pechstein wurde erstmals weltweit eine Athletin gesperrt, obwohl bei den Dopingkontrollen keine einzige Probe positiv war. Ausschlaggebend waren ihre auffälligen Blutwerte.

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Jemand nimmt an einem Arm eine Blutprobe. Die Hand steckt in einem Gummihandschuh. Foto: AP
Bild: AP
Dopinglabor. Foto: DW-TV
Dopingjäger bei der ArbeitBild: DW-TV

Bisher war es in der Regel so: Ein Sportler wurde erst dann gesperrt, wenn bei einem Dopingtest in der sogenannten "A-Probe" eine verbotene Substanz festgestellt und dieser Befund auch in der Kontrollprobe, der "B-Probe", bestätigt worden war. Damit galt der Dopingsünder als überführt. Dieses Verfahren hält meist auch einer gerichtlichen Überprüfung stand. Klagen der Sportler gegen ihre Sperren blieben fast immer erfolglos.

Einige verbotene Substanzen und Methoden können jedoch nicht direkt nachgewiesen werden. Es gibt aber Hinweise darauf, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein kann. Also versuchen die Dopingjäger, den Sündern ihr Vergehen indirekt nachzuweisen. Wie bei einem Strafprozess, in dem es keine Augenzeugen und kein Geständnis gibt, der Angeklagte aber wegen der Vielzahl von Hinweisen auf seine Schuld - im Rechtswesen Indizien genannt - verurteilt wird.

Frische Blutkörperchen

Aufnahme von Blutkörperchen mit einem Rasterelektronenmikroskop Foto: picture-alliance/dpa
Blutkörperchen zählenBild: picture-alliance / dpa

Eine Möglichkeit, Doping indirekt nachzuweisen, sind Blutprofile. Dazu wird das Blut der Sportler in regelmäßigen Abständen untersucht – unter anderem auf die Zahl der Retikulozyten. Das sind rote Blutkörperchen, die noch ganz frisch, also gerade erst gebildet worden sind. Normalerweise liegt deren Anteil an der Gesamtmenge der roten Blutkörperchen zwischen einem und zwei Prozent. Deutlich niedrigere oder höhere Werte können ein Hinweis auf Doping sein. Führt sich z.B. ein Athlet Eigenblut zu, erhält der Körper die Botschaft, dass mehr rote Blutkörperchen im Umlauf sind. Folge: Er senkt die Produktion. Die Zahl der frischen Blutkörperchen ist damit geringer als normal. Umgekehrt verhält es sich, wenn ein Sportler das Blutdopingmittel EPO zu sich nimmt. Die Produktion der roten Blutkörperchen wird durch das Hormon gesteigert, die Zahl der jungen Blutkörperchen ist danach deutlich höher.

Ziel: So gut wie sicher

Symbolbild Kette. Foto: Bilderbox
Dichte Indizienkette nötigBild: BilderBox

Doch ganz so einfach ist der indirekte Nachweis natürlich nicht. Es gibt neben den Retikulozyten eine Vielzahl weiterer Blutwerte, die ebenfalls eine Rolle spielen. Außerdem ist die Festsetzung von Grenzwerten problematisch. So führt zum Beispiel auch ein Training im Hochgebirge zu einer erhöhten Zahl von Retikulozyten. Genetische Ursachen sind denkbar. Wie bei einem Indizienprozess im Strafrecht geht es also darum, die Kette von Hinweisen auf Doping so dicht zu knüpfen, dass die Schuld so gut wie sicher angenommen werden kann.

Einige Sportverbände, etwa im Radsport, in der Leichtathletik, im nordischen Skisport, Biathlon und Eisschnelllauf, haben Blutprofile ihrer Athleten angelegt. Seit Anfang 2009 ist das indirekte Nachweisverfahren auch durch die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zugelassen.

Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Arnulf Boettcher