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Stiftung Warentest: gut

Marcus Bösch3. Dezember 2004

40 Jahre Stiftung Warentest. Geschätzt vom Verbraucher - gefürchtet von manchem Unternehmer. Denn die Organisation ist mächtig. Bei schlechten Testergebnissen drohen massive Umsatzeinbußen.

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Angefangen hat alles mit Nähmaschinen und diesem Covergirl

"Nützlich, vetrauenswürdig, kompetent" - die Stiftung Warentest genießt höchstes Ansehen beim deutschen Verbraucher. 96 Prozent aller erwachsenen Deutschen kennen die Stiftung, die am kommenden Samstag (4. Dezember) ihren 40. Geburtstag feiert. Den Wert von guten Testergebnissen hat auch die Wirtschaft längst erkannt.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Das Prädikat "Testsieger" erweist sich nämlich als äußerst verkaufsfördernd. Der mittelständische Hersteller eines Rostschutzmittels findet die Stiftung Warentest richtig gut. Denn das in der heimischen Garage angerührte Mittel erreichte als einziges im Test ein gutes Ergebnis. Die Folge: dramatische Umsatzsteigerungen und ein Anbau für die Garage. Ein Testurteil der Stiftung ist eben mehr als eine bloße Geschmackseinschätzung.

Matratzenprüfgerät von Stiftung Warentest
So prüft die Stiftung das Verhalten einer handelsüblichen Matratze - auf und nieder immer wiederBild: Stiwa

Ein negatives Testergebnis kann da auch schon einmal zu drastischen Umsatzeinbußen führen. "Wenn ein Lieferant von Aldi ein Testurteil erhält, das schlechter als 'gut' ist, kann da ganz schnell der Vertrag gekündigt werden", erzählt Heike van Laak von der Stiftung Warentest im Gespräch mit DW-WORLD. Bestes Beispiel ist die Firma Stute aus Paderborn. Deren Multivitaminsaft gefiel den Testern gar nicht. Discounter Aldi kündigte den Vertrag. Die Umsatzeinbußen für den Getränkehersteller: zehn Millionen DM.

Zickzack und Stabmixer



Die Stiftung weiß um ihren Einfluß. "Immehrin kann es von Testurteilen abhängen, ob ein Artikel zum Renner wird oder vom Markt verschwindet", liest man im Jubiliäumsheft der Stiftungszeitschrift "test". Die Warentester haben sich immer wieder Klagen von Firmen eingehandelt, die mit der Bewertung ihrer Produkte nicht zufrieden waren. Die meisten Prozesse hat die Stiftung gerwonnen, manchmal einigte man sich auf einen Vergleich. "Aber noch nie wurden wir rechtskräftig zu Schadensersatz verurteilt", berichtet Warentest-Vorstand Werner Brinkmann.

Stiftung Warentest prüft Kaffeeautomaten
Auf Herz und Nieren geprüft - hier KaffeemaschinenBild: dpa Zentralbild

Angefangen hat alles mit Zickzack-Nähmaschinen und Stabmixern. Am 4. Dezember 1964 wird die "Körperschaft für neutrale Warentests" vom Bundestag aus der Taufe gehoben. Als Vorbild dienen amerikanische Institute, die bereits seit den 1920er Jahren Produkte unabhängig und vergleichend testen. Die deutsche Industrie ist von der Idee anfänglich alles andere als begeistert. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht die Verbraucher durch die Werbung bereits ausreichend informiert. Die "vornehmste Pflicht eines jeden Unternehmens" sei es, "nur Qualitätsware zu produzieren", tönt ein anderer Wirtschaftsverband. Erst als zwei Gerichtsurteile die Zulässigkeit vergleichender Warentests bestätigen, ist der Weg zur Gründung der Stiftung frei.

Unabhängig, ohne Anzeigen

Bis heute wurden insgesamt rund 73.000 Produkte von der Stiftung Warentest untersucht und bewertet. 6,5 Millionen Euro stehen dafür jährlich aus dem Bundesetat zur Verfügung. Die Stiftung erwirtschaftet darüber hinaus knapp 90 Prozent ihres 51-Millionen-Euro- Etats selbst, unter anderem über den Verkauf der Zeitschriften "Test" und "Finanztest". Alles ohne Anzeigen, wie in der Satzung festgeschrieben steht, damit die Wirtschaft keinen Einfluss nehmen kann. "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nur so unsere Unabhängigkeit behalten können", sagt Brinkmann.