Stillgelegt - und nun?
16. März 2011Derzeit wird die in Deutschland benötigte Strommenge zu 23 Prozent von Atomkraftwerken generiert. 42 Prozent steuern Braun- und Steinkohle bei, 13 Prozent wird aus Erdgas gewonnen und mit 17 Prozent stellen die Erneuerbaren Energien eine zunehmend wichtige Komponente dar.
Überkapazitäten
Wenn - wie von der Bundesregierung geplant - sieben der insgesamt 17 Kraftwerke vom Netz genommen werden, hat das auf die zur Verfügung gestellte Strommenge keinen Einfluss. Denn die deutsche Energiewirtschaft erzeugt mehr Strom, als verbraucht wird. "Es wird genügend Strom produziert, so dass Stromlücken nicht zu befürchten sind", sagt Thomas Hagbeck, Sprecher des Bundesumweltministeriums in Berlin.
Bei Stromschwankungen treten die vier so genannten Übertragungsnetzbetreiber in Aktion. Sie sorgen durch zentrale Steuerung dafür, dass im Höchstspannungsbereich immer 50 Hertz vorhanden sind.
Noch keine Anweisungen
Von den Plänen der Bundesregierung sind die Kraftwerke Biblis A und B, Neckarwestheim 1, Brunsbüttel, Isar 1, Unterweser und Philippsburg 1 betroffen.
Manfred Lang, Unternehmenssprecher der RWE Power AG, bestätigt zwar, dass Biblis stillgelegt werden soll, "eine konkrete Anweisung zum Abschalten haben wir bisher noch nicht bekommen!".
Ähnliches gilt für Isar 1, wie Eon-Unternehmenssprecher Christian Wößner, feststellt: "Wir warten auf eine konkrete Anweisung, sowohl Unterweser als auch Isar 1 vom Netz zu nehmen." Das ist in diesem Fall kurios, denn Eon hatte begonnen, Isar 1 zur Versachlichung der Diskussion um die Zukunft der Kernkraft in Deutschland freiwillig vom Netz zu nehmen. Nach der rasanten Entwicklung in den letzten Tagen hat Eon den Prozess nun gestoppt und wartet seither auf Anweisung.
Spaltung stoppen
Sollten die entsprechenden Anweisungen eintreffen, werden sowohl Eon als auch RWE umgehend handeln und im Reaktorkern die Uran-Spaltung zur Energiegewinnung unterbrechen. Dazu werden zunächst Steuerstäbe zwischen die Brennstäbe gefahren. Diese Steuerstäbe sind mit einer Legierung versehen, die die Neutronen einfangen, die für die Kernspaltung verantwortlich sind. "Damit wird die Kettenreaktion unterbrochen, die über Dampferzeugung zur Energiegewinnung führt", erklärt Manfred Lang von RWE. Anschließend wird die Verbindung des Generators des Kernkraftwerks vom allgemeinen Stromnetz getrennt und der Reaktor ist vom Netz.
Gefahr im Auge behalten
Die Brennstäbe sind aber immer noch sehr heiß und produzieren die sogenannte Restwärme. Diese wird durch Kühlung neutralisiert, bis die Brennstäbe im Abkühlbecken nach ungefähr drei bis fünf Jahren eine Temperatur erreicht haben, mit der sie in einen Castor verpackt und transportiert werden können. Nach dem Beschluss der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung müssen Kernkraftwerksbetreiber an jedem Standort ein Zwischenlager bereithalten. Hier werden die Brennstäbe eingelagert, ohne dass sie in Frankreich oder England wieder aufbereitet wurden.
Autor: Matthias von Hellfeld
Redaktion: Kay-Alexander Scholz