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Welthandel WTO

19. Dezember 2011

Ein neues Abkommen über den freien Welthandel ist weiterhin nicht in Sicht. Die jüngste Verhandlungsrunde der WTO in Genf brachte keine Fortschritte. Dennoch gab es so etwas wie einen Hoffnungsschimmer.

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WTO-Hauptsitz in Genf (Foto: AP)
WTO-Hauptsitz in GenfBild: AP

Es war die mittlerweile achte Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO), die am Samstagabend (17.12.2011) in Genf zu Ende ging. Alle zwei Jahre finden diese Treffen statt. Doch eigentlich stand schon vor Beginn fest, dass es gar nichts zu verhandeln gibt: Eine Einigung in der vor zehn Jahren in Doha, der Hauptstadt Katars, begonnenen Verhandlungsrunde ist nicht in Sicht. "Ich bedauere das sehr", sagte Nigerias Handelsminister Olusegun Aganga, der das Treffen am Sitz der WTO in Genf geleitet hatte.

Der Abbau von Zöllen und Subventionen ist das Ziel der so genannten Doha-Runde. Gestritten wird um einen besseren Marktzugang für Industriegüter und Dienstleistungen aus westlichen Ländern in Schwellenländern wie China und Indien. Auf der anderen Seite sollen die Industriestaaten ihre Agrarsubventionen zurückfahren, mit denen viele positive Ansätze in den Entwicklungsländern zunichte gemacht werden. Kurzum: Es geht darum, Hemmnisse für den Welthandel abzubauen. Scheitert Doha, hätte das vor allem schmerzliche Folgen für die ärmsten Länder.

Kein Totenglöckchen

WTO-Chef Pascal Lamy (Foto: AP)
WTO-Chef Lamy mühte sich redlich, hatte aber bislang keinen ErfolgBild: AP

Doch was eigentlich einleuchtend klingt, scheint in Wirklichkeit ein gordischer Knoten zu sein, der nicht zu durchschlagen ist. Die WTO und ihr Chef Pascal Lamy wehren sich heftig dagegen, die Doha-Runde für tot zu erklären. Auch der Chef der deutschen Delegation, Wirtschafts-Staatssekretär Jochen Homan, lehnte es ab, "das Totenglöckchen für Doha zu läuten". Und so wurde es in Genf schon als Erfolg gefeiert, dass man wenigstens bereit sei, weiter zu verhandeln. Doch ähnlich wie bei den Verhandlungen über ein Klimaschutz-Abkommen leiden auch die WTO-Runden unter dem Prinzip der Einstimmigkeit: Eine Lösung gibt es nur, wenn alle zustimmen.

Warnendes Beispiel

Stoppkelle Zoll (Foto: AP)
Zollschranken: Mehr statt wenigerBild: AP

Erschwerend kommen die derzeit schlechten Aussichten für die Weltkonjunktur hinzu. Trotz aller Warnungen auf diversen Gipfeltreffen der G20-Staaten nimmt die Zahl der protektionistischen Maßnahmen einzelner Staaten immer weiter zu. Statt Zölle und Subventionen abzubauen, werden neue Hürden aufgebaut, um die nationalen Märkte abzuschotten. Doch das bewirkt das Gegenteil: Nach WTO-Angaben kostet das die Weltwirtschaft jedes Jahr 800 Milliarden US-Dollar. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, erinnerte am vergangenen Donnerstag erneut an die weltweite Depression in den 1930er Jahren. Ursache seien damals Isolation, Rückzug und Protektionismus der Staaten gewesen.

Kleine Erfolge

Russlands Wirtschaftsministerin Elvira Nabiullina auf der WTO-Konferenz in Genf (Foto: dapd)
Russlands Wirtschaftsministerin Elvira Nabiullina auf der WTO-Konferenz in GenfBild: dapd

Trotz der festgefahrenen Lage bei der Doha-Runde gab es auch Lichtblicke in Genf: Zum einen die Aufnahme Russlands in die WTO. Damit ist zehn Jahre nach China die letzte der großen Wirtschaftsnationen und das letzte G20-Land Mitglied in der Handelsorganisation. Am Samstag wurden dann auch noch Montenegro und Samoa aufgenommen. Somit zählt die WTO jetzt 156 Mitglieder. Und kurz vor Beginn der Konferenz gab es noch eine andere positive Nachricht: Nach 14 Jahren Verhandlungen gibt es eine Reform des internationalen Abkommens über das öffentliche Beschaffungswesen. Damit erhalten Unternehmen aus Deutschland und anderen EU-Staaten bessere Chancen, bei öffentlichen Aufträgen in Kanada, Japan und einer Reihe weiterer Länder zum Zuge zu kommen. Die WTO beziffert den Umfang auf rund 100 Milliarden Dollar. Vielleicht taugt das als Motivation für die Unterhändler, bei der Doha-Runde doch noch zu einem Erfolg zu kommen.

Autor: Henrik Böhme (mit dpa)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot