1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutschschland-Stipendium

Kay-Alexander Scholz30. Mai 2012

Seit einem Jahr können besonders gute Studenten das "Deutschlandstipendium" bekommen. Universitäten, Staat und Unternehmen sollen dabei kooperieren. Doch wie fällt die Bilanz aus?

https://p.dw.com/p/154YK
(ILLUSTRATION) Geldscheine in der Summe von 80 Euro stecken am Mittwoch (03.11.2009) in der Bibliothek der Universität Osnabrück zwischen Büchern in einem Regal. Nur vier Prozent der Studenten finanzieren sich über ein Stipendium, so eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach. Neben einer finanziellen Unterstützung werden Stipendiaten bei Auslandsaufenthalten, Praktika oder Sprachkursen unterstützt. Foto: Friso Gentsch dpa/lni (zu dpa/lni-KORR.: "Ohne Geldsorgen studieren - Stipendien für Studenten" vom 06.11.2009) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Stipendien für Studenten an HochschulenBild: picture-alliance/dpa

Die Stipendienkultur in Deutschland ist schwach ausgeprägt. Anders als etwa im angelsächsischen Raum ist es an deutschen Universitäten und Hochschulen eher noch eine Ausnahme, dass Unternehmen oder Privatpersonen Studenten oder Studiengänge finanziell unterstützen. Allein die staatliche Förderung von Studenten hat eine bildungspolitische Tradition. Es gibt zwölf sogenannte Begabtenförderungswerke, dazu zählen die parteinahen Stiftungen und die Studienstiftung des deutschen Volkes, von der allerdings nur deutsche Studenten profitieren können.

Seit der Kanzlerschaft Angela Merkels im Jahr 2005 hat die Bundesregierung ihre Förderinstrumente ausgebaut. Die Zahl der Stipendien hat sich in diesem Zeitraum von 16.400 auf 37.000 mehr als verdoppelt. Im vergangenen Jahr 2011 kam das so genannte Deutschlandstipendium hinzu - ein für Deutschland neues Modell der Studienförderung. Die Hälfte des Geldes kommt vom Staat, die andere Hälfte steuern Unternehmen oder Privatpersonen bei. Mittler sind die Universitäten und andere Hochschulen. Sie werben um die privaten Förderer und organisieren die Auswahl der Studenten, die dann 300 Euro im Monat bekommen - entweder für ein Jahr oder während ihres gesamten Studiums.

Bürgerbeteiligung in der Bildung

Die zuständige Staatssekretärin im Bundesbildungsministerium, Cornelia Quennet-Thielen, berichtete am Mittwoch (30.05.2012) bei einer ersten Bilanz-Veranstaltung in Berlin davon, dass es auch unerwartete Stifter gebe. Ein Seniorenheim am Rhein zum Beispiel fördere eine Studentin der Physiotherapie. Unter den Stiftern sei auch eine Pizzeria, die Geld zur Verfügung stelle, ohne einen bestimmten Studiengang zu fördern.

Hier beginne im Kleinen eine große Veränderung, sagte Thomas Sattelberger, Vorsitzender des Beirats Deutschlandstipendium. "Wir zahlen doch Steuern, damit der Staat sich um den Nachwuchs kümmert - warum sollen wir dann noch Stipendien vergeben", das sei die noch weit verbreitete Ansicht unter deutschen Unternehmern, so Sattelberger. Doch sei Bildung eine Aufgabe, die gerade im Land der Dichter und Denker noch stärker als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen werden müsse.

Das Deutschlandstipendium versteht sich als Elitenförderung, weil man als potentieller Stipendiat besonders gute Noten und gesellschaftliches Engagement mitbringen muss. Hervorzuheben ist, dass auch Studenten aus dem Ausland ein Deutschlandstipendium bekommen können. Wie zum Beispiel Zhanna Karakulka, die vor sieben Jahren nach Deutschland kam, dann die deutsche Sprache lernte und ein Studium der Wirtschaftsinformatik begann. Sie wird inzwischen von zwei mittelständischen Unternehmen der IT-Branche gefördert. "Ich empfinde das Deutschlandstipendium als Belohnung für meinen Einsatz und meine Disziplin und freue mich darüber, dass sich andere für mich einsetzen und verantwortlich fühlen", freute sich die Weißrussin in Berlin.

Noch zu wenige Stipendien

Rein quantitativ kann die Bilanz nach einem Jahr Deutschlandstipendium mit den gesteckten Zielen nicht mithalten. 9500 Stipendien sollten vergeben werden, tatsächlich waren es rund 5400. Damit blieben mehrere Millionen Euro im Etat des Bundesbildungsministeriums ungenutzt. Die oppositionelle SPD sprach deshalb schon von einem Fehlstart des Deutschlandstipendiums.

Doch Staatssekretärin Quennet-Thielen spricht trotzdem vom "Anfang einer Erfolgsgeschichte". Das Neue brauche nun einmal Zeit, um zu reifen. Zur Verbesserung sollen ab Herbst eine zentrale Servicestelle und die Möglichkeit der Online-Bewerbung dienen, kündigte Quennet-Thielen an.

"Eine Stipendienkultur aufzubauen geht nicht auf Knopfdruck, es ist wie ein Marathonlauf", sagte der Beiratsvorsitzende Sattelberger. Philantrophie sei in Deutschland nun einmal unterentwickelt.

Gute Resonanz bei Hochschulen

Das Statistische Bundesamt hat inzwischen Zahlen über die Resonanz des Deutschlandsstipendiums veröffentlicht. Danach hat sich das neue Stipendium in seinem ersten Jahr bereits gut etabliert. Drei Viertel aller Hochschulen aus allen Bundesländern beteiligen sich daran. Gefördert werden nicht nur wirtschaftsnahe Studiengänge, sondern auch angehende Musiker oder Psychologen.

Unter den Stipendiaten seien auch rund ein Viertel Studenten aus eher sozialschwachen Elternhäusern, unterstrich Staatssekretärin Quennet-Thielen und antworte damit auf die Kritik, wonach von der Elitenförderung nur Studenten aus reichen Elternhäusern profitieren würden.

Die Bundesregierung hat beim Deutschlandstipendium eine Sicherungsklausel eingebaut. Mindestens ein Drittel der Gelder dürfen nicht zweckgebunden sein. Stifter sollen demnach ihr Engagement nicht allein als Investition verstehen, um gezielt Nachwuchs für das eigene Unternehmen zu fördern. Bei der Veranstaltung in Berlin wurde deutlich, dass dieser Abstimmungsprozess zwischen Hochschulen nicht immer einfach ist. Dennoch sei in der Gesamtheit betrachtet das Ziel erreicht worden, berichtete Staatssekretärin Quennet-Thielen. Mehr als die Hälfte der Stipendien seien nicht an bestimmte Studienfächer gebunden gewesen. Insgesamt konnten die Hochschulen 3,4 Millionen Euro private Stipendiengelder organisieren.

Das Bundesbildungsministerium glaubt fest daran, dass sich das Deutschlandstipendium weiter etabliert. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Etat für das Jahr 2012 noch einmal deutlich erhöht wurde.