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Straßenkämpfe in der Vorstadt von Gaza

6. Januar 2009

Trotz internationaler Rufe nach einer Waffenruhe setzt Israel seine Bodenoffensive im Gazastreifen fort. Die Not der Menschen wird immer schlimmer. Ein Arzt sprach von gezielten Angriffen auf Sanitäter.

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Ein israelischer Panzer beschießt ein Ziel im Gazastreifen (Foto: AP)
Ein israelischer Panzer beschießt ein Ziel im GazastreifenBild: AP
Dieser israelische Panzer hat an der Grenze zum Gazastreifen Stellung bezogen und feuert in Richtung Gazastreifen (Foto: AP)
Dieser israelische Panzer hat an der Grenze zum Gazastreifen Stellung bezogen und feuert in Richtung GazastreifenBild: AP

Die israelische Armee dringt am vierten Tag ihrer Bodenoffensive im Gazastreifen immer weiter vor und trifft dabei auf starken Widerstand. Es kam nach Berichten von Nachrichtenagenturen am Dienstag (06.01.2009) zu heftigen Straßenkämpfen am Rand der Stadt Gaza. Dabei seien mindestens 18 Palästinenser getötet worden. Von ihnen gehörten lediglich zwei zu den Kämpfern der Hamas, denen die israelische Offensive gilt.

Drei Palästinenser wurden zudem in einer Schule der Vereinten Nationen (UNO) bei einem israelischen Luftangriff getötet. Hunderte von Palästinensern hätten nach heftigen Kämpfen zwischen israelischen Soldaten und Hamas-Kämpfern im nördlichen Gazastreifen Zuflucht in der Schule gesucht, sagten Mediziner und UN-Vertreter.

Trotz der massiven Militäraktion dauerten die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf Israel weiter an. Kurz nach Sonnenaufgang explodierten am Dienstag im Süden Israels drei Geschosse, ohne offenbar größeren Schaden anzurichten.

Israelisches Militär beschießt eigene Soldaten

Drei israelische Soldaten wurden am Montagabend im Gazastreifen von einer Panzergranate der eigenen Truppen getötet, wie die Streitkräfte mitteilten. 24 Soldaten wurden dabei teilweise schwer verletzt. Die Granate habe während eines Gefechts mit Hamas-Kämpfern nahe der Stadt Gaza irrtümlich die Stellung der Soldaten getroffen, erklärte ein Militärsprecher. Damit stieg die Zahl der Verluste in den israelischen Streitkräften auf vier.

Eine Palästinenserin blickt auf ein zerstörtes Nachbarhaus (Foto: AP)
Eine Palästinenserin blickt auf ein zerstörtes NachbarhausBild: AP

Israel hatte die Offensive am 27. Dezember mit Luftangriffen gestartet. Dabei wurden nach Angaben palästinensischer Ärzte mehr als 540 Palästinenser getötet, darunter auch viele Kinder. Israel begründet den Militäreinsatz gegen die im Gazastreifen herrschenden Hamas mit dem anhaltenden Raketenbeschuss durch radikale Palästinenser.

UNO-Sicherheitsrat soll Stellung nehmen

Am Sitz der Vereinten Nationen in New York kamen am Montagabend die Botschafter mehrerer arabischer Staaten zusammen und riefen den Sicherheitsrat zur Verabschiedung einer Resolution zum Gazastreifen auf. Am Samstag war eine Erklärung mit der Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand an Einwänden der USA gescheitert.

Frankreich bemüht sich um eine Waffenruhe im Gazastreifen und arbeitet Diplomaten zufolge an einer Resolution für den UN-Sicherheitsrat. "Wir werden unser Bestes tun, um so rasch wie möglich eine Resolution zu bekommen", sagte der französische UN-Botschafter Jean-Maurice Ripert, der derzeit Präsident im Sicherheitsrat ist, in New York. Für Dienstag ist dort eine Sondersitzung des Rates geplant, an der der französische Außenminister Bernard Kouchner, sein britischer Kollege David Miliband sowie weitere westliche und arabische Politiker teilnehmen wollen.

Israels Botschafterin fordert Stopp des Raketenbeschusses

Die israelische UN-Botschafterin Gabriela Schalev sagte der Nachrichtenagentur Reuters, ein Ende des Raketenbeschusses durch die Hamas sei Voraussetzung für eine Waffenruhe. "Die Situation wird reif sein für eine Waffenruhe, wann immer die Hamas den Abschuss der Raketen stoppt." Zudem seien Garantien nötig, dass die Waffenruhe von Dauer sei. Dazu müsse auch sichergestellt werden, dass der Waffenschmuggel durch Tunnel in den Gazastreifen aufhöre. Israel und die Hamas dürften zudem nicht als gleichwertige Partner behandelt werden. "Wir können nicht auf eine Stufe gestellt werden mit einer Terrororganisation - der Hamas", sagte die Botschafterin.

Karte vom Gazastreifen (Quelle: CIA World Factbook)
Karte vom Gazastreifen

UN sehen dramatische Lage im Gazastreifen

Die Vereinten Nationen bezeichneten die humanitäre Lage im Gazastreifen als "zunehmend beängstigend". Seit Beginn der israelischen Angriffe Ende Dezember seien sauberes Wasser, Energie, Lebensmittel, Medikamente und andere Versorgungsgüter nicht mehr in ausreichendem Maß vorhanden, sagte der Leiter der UN-Hilfsdienste, John Holmes, am Montag in New York. Holmes widersprach damit israelischen Politikern, die von einer ausreichenden Versorgungslage der Bevölkerung in dem palästinensischen Autonomiegebiet sprechen.

"Wir amputieren am laufenden Band"

Die Zahl ziviler Opfer im Gazastreifen ist nach Angaben eines norwegischen Arztes stark gestiegen. Mads Gilbert, der in einem Krankenhaus in Gaza-Stadt arbeitet, sagte der "Süddeutschen Zeitung" und dem "Tagesspiegel" in einem Telefongespräch: "Wir amputieren am laufenden Band. Die Korridore sind voll mit Verstümmelten." Der Narkosearzt, der im Schifa-Hospital in Gaza-Stadt hilft, sagte in dem am Dienstag veröffentlichten Interview, bisher seien 117 Kinder getötet und 744 verletzt worden.

Gilbert arbeitet als Professor an der Universität von Tromso. Er und sein Landsmann, der Chirurg Erik Sosse, sind laut dem Bericht die einzigen westlichen Mediziner, die derzeit im Gazastreifen arbeiten. Nach Angaben Gilberts treffen israelische Angriffe auch Sanitäter und Krankenhäuser. "Heute sind zwei Ambulanzen getroffen worden. Zwei Pfleger wurden getötet, sie wurden gezielt angegriffen", sagte er. Der Arzt stellte die Lage im Schifa-Hospital, mit 590 Betten das größte Krankenhaus im Gazastreifen, als dramatisch und sich rapide verschlechternd dar. (mas)