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Wann ist ein Mord ein Mord?

28. Juni 2015

Das Bundesjustizministerium will die Paragrafen zu Mord und Totschlag ändern. Wie - darüber berieten Experten rund eineinhalb Jahre lang. Ihre Vorschläge sind radikal und betreffen auch die vorgesehenen Strafen.

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Symbolbild Mord: Schattenriss von einer Hand mit Messer
Bild: bilderbox

Mord oder Totschlag? Das ist häufig die Frage, wenn ein Mensch umgebracht wird. Doch die Paragrafen im Strafgesetzbuch über Mord und Totschlag sind nach Ansicht von Experten nicht mehr zeitgemäß. Richter und Anwaltsverbände kritisieren schon länger, dass die bisherigen Paragrafen zu Tötungsdelikten nicht - wie bei anderen Straftaten - die Tat selbst in den Mittelpunkt stellen, sondern den Täter.

Nicht mehr automatisch "lebenslang"

Eine 16-köpfige Kommission aus Wissenschaftlern, Richtern und Staatsanwälten schlagen deswegen grundlegende Strafrechts-Änderungen zu den Tötungsdelikten vor. Ihr radikalster Vorschlag sieht nach übereinstimmenden Medienberichten vor, dass Mord nicht mehr automatisch mit lebenslanger Freiheitsstrafe verknüpft sein soll.

Im Einzelfall soll es nach Ansicht der Experten möglich sein, mildere Sanktionen zu verhängen, berichten der "Spiegel" und die ""Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf den Abschlussbericht der Kommission. Bislang heißt es in Paragraf 211 des Strafgesetzbuches (StGB): "Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft." Diese absolute Strafandrohung sei für die Gerichte sehr einengend, erklärte ein Sprecher der "Neuen Richtervereinigung".

"Tätertypenlehre" aus der Nazizeit

Weiterhin empfehlen die Experten demnach, die Begriffe "Mörder" und "Totschläger" aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Diese entstammen noch der "Tätertypenlehre" aus der Nazizeit und entspringen der Vorstellung, dass es bestimmte "Verbrechertypen" gebe, die aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur "gemeingefährlich" seien.

Mord wegen der ethnischen Herkunft

An den Mordmerkmalen, die den Mord vom Totschlag unterscheiden, wollen die meisten Experten den Berichten zufolge festhalten, derzeit gibt es acht solcher Merkmale. So ist laut § 211 StGB ein Mörder, wer etwa aus Habgier, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, grausam oder auch heimtückisch einen anderen Menschen vorsätzlich tötet. Künftig könnten auch Tötungen wegen des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, des Glaubens oder aus rassistischen Beweggründen als Mord geahndet werden.

Umstritten ist offenbar das Mordmerkmal der Heimtücke. Denn sie, so sagen Kritiker, benachteilige die physisch Unterlegenen, etwa die Frau, die ihren brutalen Ehemann nach Jahren der Qual im Schlaf umbringe.

Die meisten Morde gibt es innerhalb der Familie

Am Montag will die Expertenrunde ihre Vorschläge an Bundesjustizminister Heiko Maas übergeben. Er hatte vor rund eineinhalb Jahren angekündigt, im Strafrecht die Paragrafen zu Mord und Totschlag ändern zu wollen und die Kommission eingesetzt.

Laut Kriminalstatistik kommt Mord immer seltener vor: So wurden im Jahr 1995 noch mehr als 1200 Mordtaten verzeichnet, heute sind es nur noch 630. Getötet wird zumeist in der Familie, im Freundeskreis, unter Bekannten oder Kollegen.

cw/fab (dpa, afp)