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streetfootball's coming home

Martin Schülke27. Januar 2005

Straßenfußballer aus zehn Ländern kommen vom 28. Januar bis 6. Februar zu einem Lateinamerika-Netzwerktreffen im kolumbianischen Medellin zusammen. Die Konferenz findet im Rahmen des UN-Jahrs des Sports 2005 statt.

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Führt die Delegation aus Ruanda an: Gerd Scheuerpflug (r.) im Interview mit DW-WORLDBild: DW/Martin Schülke

Für den Straßenfußball ist das Ereignis in der Millionenstadt in den kolumbianischen Anden quasi ein "Heimspiel": Bereits seit zehn Jahren wird dort Straßenfußball gezielt als Mittel gegen Gewalt und Drogen eingesetzt. Ausgangspunkt war ein tödliches Eigentor: Im Juli 1994 wurde der kolumbianische Nationalverteidiger Andrés Escobar in Medellin ermordet, weil er kurz zuvor bei der WM in den USA ein Eigentor geschossen hatte. Jürgen Griesbeck, der Geschäftsführer von streetfootballworld (sfw), entwickelte daraufhin die Methode "Straßenfußball für Toleranz".

Mittlerweile gibt es ein weltweites Netzwerk von Straßenfußballprojekten, zum Beispiel in Argentinien und Ruanda. Im Jahre 2000 wurde die Projektidee auch nach Deutschland exportiert.

DW-Interview, Jürgen Griesbeck
streetfootballworld-Chef Jürgen Griesbeck am DW-MikrofonBild: DW/Martin Schülke

Drei Schwerpunkte bestimmen die zehn Tage der Veranstaltung in Kolumbien: Erfahrungen austauschen, dokumentieren und natürlich Fußball spielen. Vertreten sind Spieler und Projektkoordinatoren aus acht lateinamerikanischen Ländern, dazu sind Gäste aus Ruanda und Deutschland eingeladen.

Gastgeber ist das lokale Projekt "El Golombiao", mitorganisiert wird das Treffen von der sfw-Zentrale in Berlin. An der Konferenz nimmt auch der Sonderbeauftragte der UN für Sport im Dienste der Entwicklung, Adolf Ogi, teil. Laut Griesbeck ein wichtiger Fürsprecher des sfw-Netzwerkes, der sich sehr für die Verbreitung von Fußball als Medium für nachhaltige soziale Entwicklungen einsetzt.

"Nur die Mädchen dürfen Tore machen"

Logo Streetfootball Medellin UN
Die Konferenz in Kolumbien findet im Rahmen des UN-Jahrs des Sports 2005 statt.

Gerd Scheuerpflug führt die Delegation aus Ruanda an. Der Mitarbeiter des deutschen Entwicklungsdienstes (DED) hatte vor drei Jahren die in Kolumbien entwickelte Methode in der Krisenregion im zentralen Afrika etabliert.

Im Interview mit DW-WORLD beschreibt Scheuerpflug den dortigen Projektansatz: "Mädchen spielen mit Jungs in einem Team und nur die weiblichen Kicker dürfen Tore erzielen." Weitere Besonderheit: auf Schiedsrichter wird hier gänzlich verzichtet. "Straßenfußball für Toleranz" wurde zunächst in Ruandas Hauptstadt Kigali gestartet und mittlerweile aufgrund des Erfolges auch auf andere Regionen ausgeweitet.

Scheuerpflug sieht in diesem Projekt ein ideales Mittel für die Integration der ethnischen Gruppen nach der bewaffneten Auseinandersetzung vor einigen Jahren. Überhaupt zieht der engagierte Mitvierziger eine positive Zwischenbilanz: "Das Projekt wurde mit großem Schwung begonnen und soll so auch fortgeführt werden."

Und das Ziel der Gäste aus Ruanda bei dem Lateinamerika-Netzwerk-Treffen? "Andere Teilnehmer in ihren Ambitionen bestärken! Was in Ruanda geht, kann mit etwas Beharrlichkeit in Brandenburg oder woanders auch funktionieren", sagt Scheuerpflug. Nicht besserwisserisch will Gerd Scheuerpflug mit seiner Delegation in Medellin auftreten, sondern den Teilnehmern Einblicke in die eigene Arbeit geben und im Idealfall Vorlagen für andere Projekte liefern.

Soziales Talent fördern

DW-Interview, Uwe Koch
Brandenburg in Medellin: Delegationsleiter Uwe Koch will eigenen Projektansatz vorstellenBild: DW/Martin Schülke

Genauso sieht es auch Uwe Koch, Leiter der brandenburgischen Delegation: "Unsere Jugendlichen sollen die Erfahrungen der anderen Länder sammeln und mitnehmen."

Vor vier Jahren hatte Koch "Straßenfußball für Toleranz" gemeinsam mit streetfootballworld-Chef Griesbeck als Pilotprojekt in Brandenburg aufgebaut. Zentrales Anliegen ist es, neben dem sportlichen Talent auch das soziale Talent von Kindern und Jugendlichen zu fördern. So soll gerade der in Brandenburg verbreiteten Fremdenfeindlichkeit begegnet und die Toleranz der Kids gestärkt werden.

Von Kolumbien nach Brandenburg

Mit zehn Teilnehmern ist Brandenburg in Medellin vertreten, darunter drei Mädchen und drei Jungen. Zwischen 16 und 20 Jahren sind die Schüler und Lehrlinge, die in Straßenfußballprojekten in verschiedenen brandenburgischen Städten aktiv sind. Besonders erfreulich für Koch: "Die Kommunen freuen sich auf das Feedback der Kids, wenn sie aus Kolumbien zurückkommen und Städte wie Oranienburg oder Templin vertreten haben."

Jürgen Griesbeck indes hat bei dem Kongress in Medellin ein übergreifendes, langfristiges Ziel im Visier: "Wir müssen unser Anliegen weiter bekannt machen."