Streiks und Krawall in Athen
15. Dezember 2010In der Hauptstadt Athen ging die Polizei nach schweren Zusammenstößen am Mittwoch (15.12.2010) mit Tränengas und Blendgranaten gegen einige hundert gewalttätige Aktivisten vor, die Autos demoliert und Benzinbomben geworfen hatten. An den Demonstrationen vor dem Parlament beteiligten sich zunächst geschätzte 20.000 Menschen friedlich. Eine wütende Menge griff plötzlich den ehemaligen Verkehrsminister Costis Hatsidakis mit Steinen und Stöcken an. Er rettete sich in ein Gebäude. Auch zwei Hotels wurden mit Brandsätzen attackiert. Immer wieder waren Explosionen zu hören.
Verwüstung in Thessaloniki
Auch bei einer Kundgebung in der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki mit etwa 20.000 Teilnehmern kam es zu Gewalt. Einige Jugendliche hätten Brandbomben auf ein Gebäude der Zentralregierung geworfen und mehrere Bankfilialen und Geschäfte verwüstet, teilte die Polizei mit. Drei Menschen seien verletzt und 20 Krawallmacher festgenommen worden.
Wegen des Streiks wurden alle Flüge, Bahn- und Fährverbindungen im Land für 24 Stunden abgesagt, auch der öffentliche Nahverkehr und die Schulen im Land waren betroffen. Fabriken blieben geschlossen und Krankenhäuser waren nur mit einem Notdienst besetzt. An den Arbeitsniederlegungen beteiligten sich auch Journalisten. Radio- und Fernsehnachrichten fielen aus. Am Donnerstag sollten keine Zeitungen erscheinen. "Wir wollen, dass die Regierung ihr jüngstes Arbeitsgesetz zurücknimmt, das Arbeitnehmerrechte verletzt", sagte der stellvertretende Chef der zweitgrößten griechischen Gewerkschaft GSEE, Stathis Anestis.
Stürmische Parlamentsdebatte
Erst am Dienstagabend hatte das Parlament nach einer zum Teil stürmisch verlaufenen Debatte einschneidende Änderungen in der Arbeitsmarktpolitik gebilligt. In den kommenden Tagen soll der Sparhaushalt 2011 verabschiedet werden. Er gilt als eine Voraussetzung für das Rettungspaket des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Union in Höhe von 110 Milliarden Euro.
"Wir setzen Reformen in die Tat um, an die sich niemand in den vergangenen Jahrzehnten herangetraut hat", sagte Ministerpräsident Giorgos Papandreou. Es gebe keine Alternative außer den Bankrott des Landes. So sollen ab 1. Januar etwa die Abfindungen bei Entlassungen halbiert werden. Die von den Gewerkschaftsverbänden ausgehandelten Tariflöhne gelten nicht mehr automatisch. Stattdessen können Arbeitgeber mit den Betriebsräten niedrigere Gehälter aushandeln.
Abstimmung um Mitternacht
Die Streiks werden in den kommenden Tagen fortgesetzt - vor allem im Bereich Bus- und Bahnverkehr. Das Parlament will am 22. Dezember gegen Mitternacht über den Haushalt abstimmen. Die regierenden Sozialisten verfügen dabei über eine Mehrheit von 156 der insgesamt 300 Abgeordnetenmandate.
Autor: Gerd Winkelmann (dpa, ap, rtr, afp)
Redaktion: Michael Wehling