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Politik

Berlin streitet über US-Luftschläge

Heiner Kiesel
7. April 2017

Die Bilder eines mutmaßlichen Giftgasangriffs haben die Welt schockiert. Die Bundesregierung befürwortet den US-Angriff. Doch im Bundestag befürchten viele eine Eskalation und vermuten ein durchsichtiges Manöver.

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Syrien Krieg - mutmaßlicher Giftgasangriff in Chan Schaichun
Ein Opfer des mutmaßlichen syrischen Giftgasangriffs in Chan SchaichunBild: Reuters/A. Abdullah

Die Bundesregierung hat sich hinter den US-Luftschlag gegen eine syrische Luftwaffenbasis in der vergangenen Nacht gestellt. Aber selbst Abgeordnete der Regierungsparteien im Bundestag sind sich nicht so sicher, ob diese Haltung im Konflikt weiterführt.

So meldete sich der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter deutlich zurückhaltender als die Kanzlerin zu Wort. "Solange nicht eindeutig bewiesen ist, dass die syrische Regierung dahintersteckt, ist dieser Einsatz fragwürdig", sagte Kiesewetter im Deutschlandfunk.

"Es gibt keine militärische Lösung"

Deutschland Roderich Kiesewetter zu Besuch bei The Morning Show
CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter kritisiert den US-Angriff auf Syrien Bild: DW

Sein Kollege im Auswärtigen Ausschuss von der SPD, Rolf Mützenich, verurteilte den US-Raketenangriff ebenfalls. "Der Angriff der USA auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt bedeutet eine Zäsur. Jetzt muss alles unternommen werden, um weitere, einseitige Schritte zu verhindern", erklärte er. Alle am Krieg in Syrien Beteiligten müssten endlich erkennen, dass es keine militärischen Lösungen geben kann.

Zu den Stimmen im Regierungslager, die sich zufrieden mit dem harten Vorgehen der USA meldeten, gehört hingegen der CDU-Abgeordnete und ehemalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung. "Das amerikanische Vorgehen war ein notwendiges Signal der Warnung an das syrische Regime, seine Kriegsverbrechen gegen die eigene Zivilbevölkerung und die wiederholten Einsätze von Chemiewaffen endgültig einzustellen", erklärte der ehemalige Verteidigungsminister.  

Bei der Opposition im Deutschen Bundestag wurde der Angriff hingegen einhellig abgelehnt. Die USA und Russland müssten sich im Sicherheitsrat auf ein gemeinsames Vorgehen einigen, forderte der Linken-Politiker Jan van Aken. Die größte Oppositionspartei im Bundestag ist traditionell gegen militärische Interventionen zur Lösung von Konflikten. Aken, außenpolitische Sprecher der Fraktion, bezeichnete im SWR den US-Angriff als "Irrsinn" und hätte sich zuallererst eine unabhängige Untersuchung des Giftgasangriffs gewünscht.

Angst vor Konfrontation zwischen USA und Russland

Jürgen Trittin Berlin Deutschland
Fürchtet eine Konfrontation zwischen USA und Russland: Grünen-Politiker Jürgen TrittinBild: Getty Images/S.Gallup

Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin vermutet, dass der US-Präsident mit dem Militärschlag innenpolitisch für seine Wähler ein Zeichen der Stärke setzen wollte. "Ich glaube nicht, dass sich hier eine neue Strategie in der Außenpolitik zeigt," sagte er im Deutschlandfunk. Auf seiner Website erklärt er weiter:" Die Raketen der USA als Reaktion auf den abscheulichen Giftgasangriff in Syrien waren kein Beitrag, um einer Lösung in Syrien näher zu kommen." Trittin fürchtet wie seine Kollegen bei der Linken eine Eskalation bis hin zu einer Konfrontation zwischen den USA und Russland.

Wie bei Trittin bestehen bei vielen Abgeordneten weiter Zweifel, ob der Militäreinsatz im Einklang mit dem Völkerrecht steht. Vor allem scheint er erfolgt zu sein, bevor eindeutig geklärt worden ist, ob tatsächlich Assads Truppen für einen Chemiewaffeneinsatz verantwortlich sind. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes nannte es "sehr sehr plausibel".  

USA greifen syrische Armee an – die ersten Reaktionen

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte es zuvor "nachvollziehbar" genannt, dass die USA Raketen auf das syrische Flugfeld gesteuert hatten. Aus früheren Giftgasattacken Assads leitete Gabriels Ministeriumssprecher nun eine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" für eine erneute Täterschaft her.

Auf der anderen Seite stellte es der Sprecher der Kanzlerin als wünschenswert dar, dass die Umstände des mutmaßlichen Giftgasangriffs von Chan Schaichun noch von unabhängiger Stelle untersucht würden. Aber auch ohne diese Untersuchung hat Bundeskanzlerin Merkel dem Assad-Regime schon die "volle Verantwortung" für den Vorfall zugeschrieben.