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Streit in Kirgisistan um Akajews Rücktritt

7. April 2005

Der gestürzte kirgisische Präsident Askar Akajew hat in Moskau seinen Rücktritt erklärt. Doch nicht alle Abgeordnete im kirgisischen Parlament wollen ihn annehmen. Sie fordern ein Amtsenthebungsverfahren wegen Flucht.

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Einige Oppositionelle akzeptieren den Rücktritt in dieser Form nichtBild: AP

Am Sonntag (3.4.) ist eine Delegation aus Bischkek unter Leitung von Parlamentspräsident Omurbek Tekebajew in Moskau zu Verhandlungen mit Askar Akajew eingetroffen. Die Vertreter der neuen kirgisischen Staatsmacht brauchten weniger als einen Tag, um sich mit dem gestürzten kirgisischen Präsidenten zu einigen. Schon am Abend verkündete Akajew seine Bereitschaft, eine Rücktrittserklärung zu unterzeichnen. Er signierte sie am Montagmorgen (4.4.). Wenig später verließ Akajew das Gebäude der kirgisischen Botschaft in der russischen Hauptstadt. Ein Mitglied der kirgisischen Delegation erklärte, Akajew beabsichtige nicht, die neue Staatsmacht zu bekämpfen. Das bedeute, dass er endgültig zurücktrete und nicht mehr in die Politik zurückkehren werde.

"Positive" Reaktion in Kirgisistan

Die Reaktion auf Akajews Rücktritt in Kirgisistan scheint positiv. Nach Ansicht des ehemaligen Vizepremiers des Landes, des Führers der Partei Mein Land, Dschoomart Otorbajew, ermöglicht der Rücktritt Akajews jetzt den Politikern, Beschlüsse zu fassen, um eine stabile Staatsmacht aufzubauen. Jetzt könne man in Kirgisien Neuwahlen durchführen, deren Legitimität niemand in Zweifel ziehen werde. Nach Ansicht unserer Korrespondentin in Bischkek, Solto Temir, fällt die Reaktion auf Akajews Rücktritt in Kirgisistan auch deswegen positiv aus, weil niemand wagt, die neuen Machthaber offen zu kritisieren. Zahlreiche Anhänger des ehemaligen Präsidenten hätten zudem das Land verlassen.

Akajews Rücktritt noch nicht wirksam

Erst wenn das Parlament ihm zustimmt, wird der Rücktritt Akajews wirksam. Dies misslang am Dienstag (5.4.), weil bei der Parlamentssitzung kein Quorum zustande kam. Mehrere Abgeordnete erklärten, sie wollten Akajews Rücktritt nicht akzeptieren. Stattdessen forderten sie ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn. Der amtierende Generalstaatsanwalt des Landes, Asimbek Beknasarow, sagte: "Akajew ist schmachvoll aus dem Land geflohen, zu einem für das Volk äußerst kritischen Zeitpunkt. Damals herrschte Chaos im Lande! Damit hat er ein Verbrechen gegen das Volk verübt. Ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten, ist etwas völlig anderes, als einem freiwilligen Rücktritt zuzustimmen. Ich plädiere dafür, Akajews Rücktritt nicht anzunehmen und wegen Flucht ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten." Heute (7.4.) wurde die Abstimmung über Akajews Rücktritt im kirgisischen Parlament bereits das dritte Mal verschoben.

Diskussion um Verfassungsänderung

In Kirgisistan wird heute nicht nur über Akajews Rücktritt heftig diskutiert, sondern auch über die Frage, inwiefern die derzeitige Staatsmacht - das Parlament und die Regierung - legitim sind. Nach Ansicht des kirgisischen Parlamentsvorsitzenden Omurbek Tekebajew muss die Verfassung des Landes geändert werden, um die Staatsmacht zu legitimieren. Die Vorsitzende des kirgisischen Verfassungsgerichts, Tscholpon Bajekowa sagte vor Journalisten: "Heute haben wir die einzigartige Chance, Grundlagen für ein Regierungssystem zu schaffen, das monolithisch, stabil und von politischen Ambitionen der Staatsführer unabhängig sein wird." Sie sagte ferner, jetzt sei es möglich, die Entstehung eines neuen autoritären Regimes zu verhindern. "Wir müssen eine Verfassungsversammlung einberufen und die Verfassung überarbeiten", betonte sie.

DW-RADIO/Russisch, 7.4.2005, Fokus Ost-Südost