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Streit um Atomkraftwerk in Bayern

Jens Thurau21. März 2014

Die Energiewende in Deutschland - das ist vor allem ein Ringen darum, wer bis wann Strom produzieren darf, wer davon profitiert und wer die Kosten trägt. Das zeigt ein aktuelles Beispiel aus Bayern. Droht ein Blackout?

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Atomkraftwerk Grafenrheinfeld
Bild: picture alliance/dpa

Seit das japanische Atomkraftwerk Fukushima im März 2011 havariert ist, gibt es im weit entfernten Deutschland kaum noch Politiker, die mit der Kernenergie etwas anfangen können. Auch nicht in Bayern, wo bis zu dem Unglück in Folge von Erdbeben und Tsunami alle CSU-Landesregierungen eifrige Befürworter der Atomenergie waren. Vier Atomkraftwerke gibt es derzeit noch im Freistaat, 2022 soll das letzte abgeschaltet werden - dann wird es in ganz Deutschland nach dem Beschluss zum Ausstieg keine Kernkraftwerke mehr geben.

Bis dahin aber sind die vier großen Atommeiler quasi Gelddruckmaschinen: Ein Atomkraftwerk im Vollbetrieb macht einen Gewinn von etwa einer Million Euro - am Tag. Entsprechend zäh wird um Einflüsse und um Geld gerungen.

Brennstäbe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima Foto: Getty Images
Die Brennstäbe im Atomkraftwerk FukushimaBild: Tomohiro Ohsumi/AFP/Getty Images

Wie jetzt die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, bringt der Stromkonzern Eon die bayerische Landesregierung in Bedrängnis: Das Werk in Grafenrheinfeld nahe Schweinfurt, das Eon gehört, soll schon im Frühjahr 2015 vom Netz genommen werden, ein Dreivierteljahr früher als im Ausstiegsbeschluss vorgesehen. Dieser Beschluss, 2011 von der damaligen schwarz-gelben Regierung gefasst, listet genau auf, wann welches der noch neun Kraftwerke in Deutschland für immer den Betrieb einstellen muss.

Zieht Eon den Stecker?

Doch warum will Eon früher schließen, wenn doch die Atomkraftwerke soviel Geld einbringen? Der Konzern äußert sich dazu nicht - aber Experten vermuten, dass dahinter die Brennelementesteuer steckt. Immer dann, wenn die Brennstäbe in einem Atomkraftwerk ausgetauscht werden, müssen die Betreiber dafür Millionen an Steuern zahlen. In Grafenrheinfeld wäre das im nächsten Jahr das letzte Mal der Fall, bevor im Werk endgültig das Licht ausgeht. Will Eon sich diese Steuer sparen? Schließlich ist der Energieriese durch den Ausstieg aus der Kernenergie ohnehin wirtschaftlich schwer angeschlagen.

Wie auch immer: Die Politik ist alarmiert. Denn die hochkomplexe Energiewende - also der Ausbau der erneuerbaren Energien und neue Stromtrassen quer durchs Land bei gleichzeitiger Schließung der Atomkraftwerke - das alles muss genau abgestimmt sein, damit immer genug Strom für das Industrieland bereit steht. "Wir brauchen die Kapazität von Grafenrheinfeld 2015 noch für die Versorgungssicherheit", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU). Und Bundeswirtschaftminister Sigmar Gabriel (SPD) meinte: "Wir müssen alles tun, damit die Versorgungssicherheit erhalten bleibt. Am Ausstiegsdatum für Grafenrheinfeld ändert das nichts." Theoretisch kann die Politik den Weiterbetrieb anordnen, um die Sicherheit der Stromversorgung zu gewährleisten. Die Kosten dafür würden dann allerdings den Stromkunden auferlegt. Vielleicht spekuliert Eon auch auf diesen Effekt.

Der Streit um das 33 Jahre alte Kernkraftwerke zeigt, mit welchen Mitteln auf dem Strommarkt in Deutschland gerungen wird. Immer wieder wird gerade von den großen Stromkonzernen in Zweifel gezogen, dass der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie in Deutschland so rasch gelingen kann, wie notwendig, um die Stromversorgung zu decken. Derzeit beträgt der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromherstellung 25 Prozent.

Ein Windrad und eine Fotovoltaikanlage auf Pellworm Foto: DPA
Wind- und Sonne decken in Deutschland bereits ein Viertel des StrombedarfsBild: picture-alliance/dpa

Politisch aber scheint der Kampf um die Kernenergie entschieden. Als jetzt der frühere Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) längere Laufzeiten für die verbliebenen Kernkraftwerke vorschlug, um den hohen Strompreis Einhalt zu gebieten, fand er keine Mistreiter - nicht bei der Opposition, aber auch nicht in den Regierungsfraktionen von CDU, CSU und SPD.