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Streit um den Diamanten

27. Januar 2010

Die Beethoven-Stadt Bonn steht vor einer Entscheidung: ein neues Festspielhaus oder nicht? Moderne oder Tradition. Einen potentiellen Touristenmagneten bauen oder was Altbewährtes erhalten. Die Bürger sollen entscheiden.

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Architektenentwurf 'Der Diamant' für das neue Festspielhaus in Bonn (Foto: dpa/lnw)
Architektenentwurf "Der Diamant" für das neue Festspielhaus in BonnBild: picture-alliance/ dpa

Wie ein geschliffener Diamant am Ufer des Rheins – so soll das neue Beethoven-Festspielhaus der Architektin Zaha Hadid aussehen. Ein anderer Entwurf greift die Wellen des Flusses auf und ein dritter gestaltet die Konzertsäle in Form von Kristallen. "Auf Weltniveau angekommen" – so titeln die Herausgeber der Hochglanz-Broschüre, die die Architekten-Entwürfe für das geplante Bonner Festspielhaus zeigt. Von einer Riesenchance für Bonn war die Rede, als die drei Unternehmen Deutsche Telekom, Deutsche Post und die Postbank insgesamt 75 Millionen für den neuen Konzertsaal zur Verfügung stellen wollten. Ein Standort war schnell gefunden: Am Rhein, auf dem Gelände der Beethovenhalle, soll das neue Glanzlicht der Stadt gebaut werden. Bis zum Bürgerentscheid im Mai bleibt es bei diesem "soll".

Größenwahn oder Notwendigkeit?

Architektenentwurf 'Die Wellen' für das neue Festspielhaus in Bonn (Foto: dpa/lnw)
Architektenentwurf "Die Wellen"Bild: picture-alliance/ dpa

Denn das Projekt ist umstritten. Den Bonnern sitzt der Schrecken von einem anderen Bauprojekt noch in den Gliedern. Mit großem Aufwand war ein Kongresszentrum geplant worden, das sich als finanzielles Desaster für die Stadt erwiesen hat. Und jetzt löst der Bau eines Festspielhauses - zumindest bei einigen Politikern - Ängste aus, dass sich Ähnliches wiederholen könnte. Aber, so betont Manfred Harnischfeger, Projektbeauftragter der Stiftung Festspielhaus: "Diese Befürchtungen sind total unrealistisch. Beim Festspielhaus ist vorgesehen, dass eine private Objektgesellschaft das Haus realisiert, hier wird privat gebaut - ohne Beteiligung der öffentlichen Hand."

Alles schien zunächst ganz einfach: Die alte Beethovenhalle müsste ohnehin mit 20 Millionen Euro von Grund auf renoviert werden. Also könnte man sie auch direkt abreißen, sagten einige, und an ihrer Stelle das neue Festspielhaus bauen. Inzwischen mehren sich aber die Stimmen, die sich mit einem Abriss der Beethovenhalle nicht abfinden wollen. Flugs legte die Stadt Bonn einen "Plan B" auf den Tisch, die alte Halle sollte erhalten bleiben und das Festspielhaus an einem anderen Ort erbaut werden. Es würden also zwei Konzerthäuser gleichzeitig finanziert werden müssen.

Beethovenhalle, Blick auf Dach und Namen der Halle (Foto: Frank Fremerey)
Beethovenhalle BonnBild: Frank Fremerey

Neu gegen alt

Das wiederum rief die Kritiker auf den Plan, die der Stadt ein mangelndes finanzielles Gesamtkonzept vorwerfen. Was also tun? Eine Bürgerbefragung im Mai soll klären, ob das neue Festspielhaus gebaut werden soll oder nicht. Das ist schönste Basisdemokratie, aber für die Planungsbeteiligten eine zermürbende Wartezeit. Es könnte eine Chance verspielt werden, die so schnell nicht wieder kommen wird, befürchtet Manfred Harnischfeger, der Projektbeauftragte der Stiftung Festspielhaus: "Die Stadt muss sich überlegen, wie ihre eigene Zukunft aussehen soll. In seliger Erinnerung an alte Zeiten – Bundeshauptstadt, verträumtes Dasein führen oder Zukunft gestalten im Sinne von Modernität, Offenheit auch für den Tourismus. Und für die Stadtattraktivität wäre natürlich ein Festspielhaus von außerordentlicher Bedeutung.“

Autorin: Gudrun Stegen
Redaktion: Marlis Schaum