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Streit um geplante Steuererhöhung in Ungarn

5. August 2003
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Budapest, 4.8.3003, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Bettina Nemes

In der Regierung ist ein Streit um die von der MSZP geplante Steuererhöhung für 2004 entbrannt. Das SZDSZ (Ungarische Sozialistische Partei – MD) drängt seinen Koalitionspartner zur Einhaltung des Wahlversprechens, die Steuern zu senken. Die Sozialisten hatten stattdessen vor knapp zwei Wochen erklärt, mit dem Staatshaushaltsentwurf für 2004 zum Jahreswechsel mehrere Abgaben zu erhöhen. Um dies zu vermeiden, will das SZDSZ (Bund Freier Demokraten – MD) nach Möglichkeiten suchen, wo die notwendigen 130 (ca. 494,9 Millionen Euro – MD) bis 150 Milliarden Forint (ca. 571,1 Millionen Euro – MD) bei den bestehenden Ausgaben eingespart werden können.

Die Sozialisten haben zwar signalisiert, dass sie verhandlungsbereit sind, wollen den Freien Demokraten allerdings nicht einen zu großem Spielraum lassen. Das SZDSZ will jedoch diesmal nicht nachgeben. Dennoch sprechen beide Parteien nicht von einer Zerreißprobe der Koalition.

Die MSZP hat in den vergangenen Tagen mehrere Foren veranstaltet, um auf die Prioritäten im Etat des kommenden Jahres und damit auf die Notwendigkeit der angekündigten Steuererhöhungen und Streichungen bestehender Vergünstigungen aufmerksam zu machen. Zu den Prioritäten im Staatshaushalt 2004 zählen die Sozialisten höhere Renten, mehr Straßen, Umwelt- und Hochwasserschutz, ebenso wie den Bau der Metrolinie 4.

Zwischen beiden Parteien haben noch keine Verhandlungen begonnen, um die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Koalition beizulegen. Den Freien Demokraten zufolge hätten derzeitig solche Gespräche noch keinen Sinn, das Finanzministerium solle erst den Staatshaushalt für das kommende Jahr vorbereiten. Das erste Etat-Konzept würde dann eine Verhandlungsgrundlage bilden.

Viel Zeit bleibt den beiden Parteien für ihren Steuer- und Sparstreit jedoch nicht. Da beide Parteien betonen, dass sie die Debatte nicht im Parlament austragen wollen, müssen sie sich vor dem Ende der Plenarsitzungspause, also bis Ende August, einig werden. Beide Parteien beharren derzeit auf ihrem Standpunkt: Die Freien Demokraten lehnen nicht nur jede Steuererhöhung ab, sondern wollen zusätzlich die Einkommenssteuer senken; die Sozialisten sind der Meinung, die derzeitige Haushaltslage biete gar keine andere Möglichkeit, als Steuern zu erhöhen.

Ein Kompromiss könnte die Beschleunigung der geplanten Wirtschaftsreformen sein. Diese setzt aber erst längerfristig die benötigten Gelder für den Haushalt frei. Die Sozialisten sehen die Gründe für die Finanzrestriktionen und den gegenwärtigen Koalitionskonflikt in der schlechten Wirtschaftslage, für die unter anderem auch das "schwere Erbe" der Orbán-Regierung verantwortlich sei, für das nun bezahlt werden müsse.

"Wir sind zwar bereit, in Sachen Steuersenkung zu einer Vereinbarung zu kommen, aber es ist nicht leicht, dafür Quellen zu finden", erklärte MSZP-Chef László Kovács. Das SZDSZ habe zwar unter anderem als neue Quelle die Wiedereinführung der Fernsehgebühren vorgeschlagen, allein dadurch könnte der Staatshaushalt um 21 Milliarden Forint (ca. 79,9, Millionen Euro – MD) entlastet werden. Die Sache hat nur einen Haken, denn die gewünschte Einkommenssteuersenkung würde somit durch neue Abgaben finanziert. Viel Spielraum bleibt den Freien Demokraten nicht, unpopuläre Maßnahmen werden nach Ansicht von Beobachtern in jedem Fall ergriffen werden müssen, wenn das Haushaltsdefizit im kommenden Jahr auf 3,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts reduziert werden soll. (fp)