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Verletzte Autorenrechte

15. Februar 2012

Über Schutz von Autorenrechten und freien Informationsaustausch im Internet wird in ukrainischen sozialen Netzwerken heftig diskutiert. Auslöser ist die Schließung der beliebtesten Tauschbörse des Landes.

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Eine Frau tippt auf einer Computertastatur (Foto: dpa)
Die geschlossene Tauschbörse hatte fünf Millionen Besucher pro MonatBild: picture-alliance/dpa

Seit einigen Wochen tobt in der Ukraine ein Streit zwischen den Behörden und der Internet-Community des Landes. Zwischenzeitlich eskalierte er sogar zu einem regelrechten Cyber-Krieg. Internetseiten der ukrainischen Regierung wurden dabei lahmgelegt.

Logo des Innenministeriums der Ukraine
Das ukrainische Innenministerium stellte etliche Rechner sicherBild: public domain

Ausgelöst wurde der Konflikt durch die Schließung der größten ukrainischen Internet-Tauschbörse EX.UA. Die Behörden hatten Ende Januar rund 200 Server der Plattform mit allen Inhalten beschlagnahmt. 16 Mitarbeiter der Plattform wurden vorübergehend festgenommen und vernommen. Der Vorwurf: EX.UA habe gegen das Urheberrecht verstoßen, weil die Plattform Filme, Musik, Software, E-Bücher und andere Inhalte illegal zum Download angeboten habe.

Ausländische Unternehmen machen Druck

Der Sprecher des ukrainischen Innenministeriums, Wolodymyr Polischtschuk, erklärte, seine Behörde habe mit den Razzien auf Klagen mehrerer Unternehmen reagiert, darunter von Adobe Systems Inc aus den USA und des ukrainischen TV-Senders "1 +1". Die Unternehmen hätten EX.UA vorgeworfen, Autorenrechte zu verletzen.

Spekulationen, EX.UA sei geschlossen worden, um den Internationalen Währungsfonds (IWF) zu besänftigen, mit dem Kiew derzeit über Finanzhilfen verhandele, wies Polischtschuk zurück. Andere Beobachter sehen die Schließung der Plattform EX.UA eher im Zusammenhang mit dem angestrebten internationalen Abkommen gegen Produkt- und Markenpiraterie "Acta". Das Abkommen zwischen der EU, den USA und weiteren Staaten soll das illegale, gewerbliche Nachahmen und Fälschen von Produkten erschweren. Eingeschlossen sind Urheberrechtsverletzungen im Internet, wie das illegale Kopieren und Verbreiten von Filmen und Musik.

Gerade dies war über EX.UA möglich. Nach Angaben des ukrainischen Unternehmens "InMind", das Marketing-Studien über das Internet erstellt, war EX.UA im Jahr 2011 in der Ukraine landesweit die beliebteste Online-Plattform. "Jeden Monat nutzten fünf Millionen Ukrainer im Alter unter 50 Jahren EX.UA", sagte der DW der Kiewer Kommunikationsexperte Maxim Sawanewski von der ukrainischen Internet-Zeitung "watcher.com.ua".

Internet-Blockade gegen Regierung

Premierminister Mykola Asarow im ukrainischen Parlament (Foto: AP)
Hacker legten das Facebook-Profil von Premier Mykola Asarow lahmBild: AP

Auf das Vorgehen der Behörden gegen EX.UA reagierten ukrainische Hacker mit Attacken auf Internetseiten der Regierung. Sie blockierten die Webseiten des Innenministeriums, des Ministerkabinetts, des Präsidenten, der Nationalbank sowie das Facebook-Profil des ukrainischen Premierministers Mykola Asarow.

Medienberichten zufolge wurden die Seiten jedoch nur vorübergehend lahmgelegt. Das bestätigte gegenüber der DW auch Serhij Danilenko, Leiter der ukrainischen Internetfirma "Fein Web": "Keine Internetseite der Regierung wurde beschädigt. Sie waren einfach nur nicht erreichbar - aufgrund einer enorm hohen Anzahl von Anfragen."

Dieser Vorgang wird als DDoS-Attacke bezeichnet. Dabei werden von mehreren Rechnern gleichzeitig Tausende Anfragen an einen Server geschickt, die diesen dann überlasten. Die Abkürzung DDoS steht für "Destributed Denial of Service", ein englischer Fachbegriff für Computersabotage.

Diskussion in sozialen Netzwerken

Koordiniert wurden die Attacken auf die Internetseiten der ukrainischen Regierung über soziale Netzwerke. Hacker verbreiteten dort entsprechende Anleitungen. In den Netzwerken ist inzwischen eine Diskussion darüber entbrannt, wie ein Gleichgewicht zwischen der notwendigen Einhaltung des Urheberrechts und einem freien Austausch von Informationen gewährleistet werden kann. Unterdessen haben die ukrainischen Behörden die Domain EX.UA wieder freigegeben. Die beschlagnahmte Hardware der Tauschbörse bleibt aber unter Verschluss.

Autor: Alexander Sawitzki / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann