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Kfz-Steuer

16. November 2009

Autofahrer in den Niederlanden sollen künftig keine Kraftfahrzeugsteuer mehr zahlen, sondern eine Kilometergebühr. Während die Bundesregierung das Modell ablehnt, sehen Opposition und Verkehrsexperten es als Vorbild an.

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Dichter Autoverkehr in Rotterdam (Foto: dpa)
Das Ziel der Reform: Weniger CO2-AusstoßBild: picture alliance/dpa

Als eines der ersten Länder weltweit wollen die Niederlande ihre Kfz-Steuer radikal umstellen. Autofahrer sollen künftig nicht für den Besitz eines Autos, sondern für den tatsächlich verursachten Schadstoffausstoß bezahlen. Mit Hilfe eines GPS-gestützten Systems will man die von jedem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer erfassen, damit die Autofahrer für die monatlich zurückgelegte Wegstrecke zur Kasse gebeten werden können. Die Höhe der Gebühr pro Kilometer richtet sich nach Wagenklasse, Motorisierung und Tageszeit.

Der durchschnittliche Kilometerpreis soll bis 2018 schrittweise auf 6,7 Cent steigen. Mit diesem finanziellen Hebel will die Regierung erreichen, dass möglichst viele Autofahrer ihr Fahrzeug seltener benutzen und aufs Fahrrad sowie auf Busse und Bahnen umsteigen.

Ein Vorbild auch für deutsche Straßen?

Keine Pkw-Maut in Deutschland

Laut Verkehrsministerium ist in Deutschland keine Pkw-Maut und keine Kilometergebühr nach niederländischem Vorbild geplant. "Die Pkw-Maut steht nicht auf der politischen Tagesordnung", sagte ein Sprecher am Montag (16.11.2009) in Berlin. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer habe sich dazu klar und eindeutig geäußert.

Auch die FDP lehnte das Modell ab. Das System sei aufgrund der Anzahl der betroffenen Fahrzeuge und aufgrund der Größe Deutschlands nicht übertragbar, sagte der FDP-Obmann im Verkehrsausschuss, Patrick Döring, dem "Hamburger Abendblatt" (Montagausgabe).

Dudenhöffer: "Deutsche KfZ-Steuer ein Monster"

Dagegen sagte Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Lehrstuhls für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen, Deutschland solle sich an dem "fortschrittlichen Modell ein Beispiel nehmen". Im Vergleich dazu sei die deutsche KfZ-Steuer "ein Monster". Sie nehme keine Rücksicht auf die tatsächliche Straßennutzung. "Für ein Fahrzeug, das im Jahr 100 Kilometer fährt, bezahlt man in Deutschland den gleichen Steuerbetrag wie für das gleiche Auto, das 100.000 Kilometer fährt".

Auch die Grünen sympathisieren mit einer Radikalreform der KfZ-Steuer nach dem Vorbild der Niederlande. Das Modell gehe in die richtige Richtung, sagte Parteichef Cem Özdemir dem "Hamburger Abendblatt" (Montagausgabe). "Wir brauchen bei der Besteuerung des Autoverkehrs eine klare ökologische Lenkungswirkung: Wer viel fährt und dabei mit einem Spritfresser viel CO2 ausstößt und das Klima belastet, muss mehr zahlen als die, die mit emissionsarmen Autos wenig fahren."

Mehrheit der Niederländer gegen die Reform

Niederländisches Staatskennzeichen auf einem Nummernschild (Foto: dpa)
Die meisten Niederländer sehen das neue KfZ-Modell kritischBild: picture alliance/dpa

Die als "revolutionär" für den Umweltschutz gepriesene Reform löste in den Niederlanden umgehend einen heftigen Streit aus. Eine deutliche Mehrheit der Autofahrer lehne den Plan ab, berichtete am Sonntag die Zeitung "De Telegraaf". Die Reform soll 2012 in Kraft treten. Vorher muss der von der niederländischen Regierung beschlossene Gesetzentwurf noch das Parlament passieren, in dem die Regierung eine Mehrheit von 80 zu 70 Mandaten hat.

Doch neben der Angst, in Zukunft stärker zur Kasse gebeten zu werden, misstrauen viele Niederländer den Satelliten-Ortungsgeräten, die künftig in alle Autos eingebaut werden sollen. Politiker der Opposition warfen der Regierung aus Christ- und Sozialdemokraten vor, mit diesen "Spionagekästen" gegen den Datenschutz zu verstoßen. Verkehrsminister Camiel Eurlings wies das zurück. Das System speichere allein die Zahl der gefahrenen Kilometer und keine Fahrtziele.

Über die Reform wurde in den Niederlanden über 20 Jahre diskutiert. Insbesondere die Küstenregion Amsterdam, Den Haag und Utrecht gehören zu denen mit dem dichtesten Verkehr in Europa. Im Kampf gegen die täglichen Staus im Berufsverkehr hat bislang London eine Innenstadt-Maut eingeführt; Singapur ist aber bislang der einzige Staat, in dem ein dem niederländischen Konzept vergleichbares Kfz-Steuersystem gilt.

Autorin: Julia Elvers-Guyot (mit dpa, AFP, AP)

Redaktion: Insa Wrede