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Streit um Schutzimpfung gegen Schweinegrippe

6. August 2009

Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass Urlauber verstärkt das Schweinegrippe-Virus aus den Ferien nach Deutschland mitbringen. Unterdessen drohen die Kassen wegen der anstehenden Schutzimpfung mit Beitragserhöhungen.

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Kinder mit Schutzmasken vor dem Schultor (Foto: AP)
Diese Schule in Düsseldorf wurde bereits wegen der Schweinegrippe geschlossenBild: dpa

Dass die Zahl an H1N1-Infektionen in den kommenden Wochen sprunghaft ansteigen wird, gilt unter Gesundheitsexperten inzwischen als sicher. Denn viele Urlauber werden das Virus mit nach Hause bringen. Deshalb werden die Lehrer in vielen Bundesländern in diesen Tagen detailliert darauf vorbereitet, was zu tun ist, wenn ein Schüler von seinen Ferienerlebnissen im Ausland berichtet und dabei auffällig oft husten muss. Auch die Unternehmen in Deutschland wappnen sich gegen die Schweinegrippe. Eine Umfrage der dpa ergab, dass die Betriebe verstärkt ihre Mitarbeiter informieren und zum häufigeren Händewaschen auffordern.

Drohen auch in Deutschland Todesfälle?

Medinziner mit Spritze (Foto: AP)
Mediziner bereiten sich auf die Schutzimpfungen vorBild: AP

Im Herbst werden nach Einschätzung von Impfexperten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) die Schweinegrippe-Erkrankungen in Deutschland schwerer verlaufen als bisher. Dann seien auch Todesfälle in Deutschland möglich, sagte PEI-Chef Johannes Löwer am Donnerstag (06.08.2009) in Berlin. Es werde wegen der vielen Urlaubs-Rückkehrer zu einer "breiten Vermehrung" der Krankheit kommen. Deswegen würden Impfstoffe "rasch in großen Mengen gebraucht", sagte der Impfexperte. Es mache jedoch im Moment keinen Sinn, die ganze Bevölkerung zu impfen.

Impfstoff steht im Herbst bereit

Logo der WHO (Foto: AP)
Die WHO hat bereits den Pandemie-Alarm ausgerufen

50 Millionen Impfstoff-Dosen sollen die Bevölkerung schützen. Grundlage hierfür ist eine Empfehlung der WHO. Demnach sollen zuerst das Gesundheitspersonal, dann ältere Menschen und danach chronisch Kranke geimpft werden. Der Impfstoff wird nach klinischen Tests voraussichtlich zu Beginn der Grippesaison im Herbst bereitstehen. Die ersten Risiko-Gruppen wie Schwangere und chronisch Kranke könnten bereits im September geimpft werden. In der EU gibt es inzwischen fast 29.000 Fälle und mehr als 40 Todesopfer. Weltweit sind bereits rund 200.000 Patienten und gut 1400 Tote registriert.

Krankenkassen wollen Kosten nicht übernehmen

Lauterbach im Portrait (Foto: dpa)
Karl Lauterbach hält die Forderungen der Krankenkassen für überzogenBild: dpa

Die Bundesregierung rechnet mit Kosten von rund 600 Millionen Euro für die geplante Schutzimpfung. Die Krankenkassen gehen von mindestens 700 Millionen Euro aus, wenn die Impfaktion ausschließlich über den öffentlichen Gesundheitsdienst, vor allem die Gesundheitsämter, läuft. Übernehmen auch Hausärzte die Impfungen, steigen die Kosten laut dem Krankenkassen-Branchenverband GKV auf bis zu eine Milliarde Euro. Die Übertragung der Kosten auf die Krankenkassen wäre "ein unvorhersehbarer Ausgabenanstieg in der GKV im Jahre 2009 und gegebenenfalls 2010", heißt es in einer Stellungnahme des Spitzenverbandes zur geplanten Impfverordnung der Bundesregierung, die das Kabinett am nächsten Mittwoch verabschieden will. Die Krankenkassen fordern deshalb Gelder vom Staat, andernfalls müssten die Beitragssätze erhöht werden.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hat den Ruf der Krankenkassen nach einer Beitragserhöhung wegen der Kosten für die Schweinegrippe-Impfung zurückgewiesen. Die Forderung sei "ungerechtfertigt und unklug", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel". Die Zusatzkosten für die Impfung lägen nicht, wie von den Kassen angegeben, bei einer Milliarde Euro, sondern "allenfalls halb so hoch". Schließlich könne man nicht einfach die Gesamtkosten, sondern nur die Differenz zu den Kosten der normalen Grippeimpfung veranschlagen.

Lauterbach will "Kirche im Dorf lassen"

Zusatzkosten von 500 Millionen Euro für die Massenimpfung jedoch seien aus dem bestehenden Beitragssatz "bedienbar", betonte Lauterbach. Schließlich handle es sich dabei um weniger als ein halbes Prozent der Krankenkassenausgaben pro Jahr. "Angesichts der Tatsache, dass die Krankenkassen mit dem Gesundheitsfonds das viel höhere Risiko der steigenden Arbeitslosigkeit abgesichert bekommen, wären sie gut beraten, die Kirche im Dorf zu lassen."

Ist Torjubel gesundheitsschädlich?

Erstmals hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wegen der Schweinegrippe ein Fußballspiel abgesagt. Die für Samstag angesetzte Partie der Regionalliga Nord zwischen den Reserve-Mannschaften von Hannover 96 und dem FC St. Pauli sei auf unbestimmte Zeit verschoben worden, teilte der DFB mit. Als Grund gab er an, dass mehrere Spieler des Hannoveraner Kaders an der neuen Grippe erkrankt seien. Es handele sich um eine reine Vorsorgemaßnahme. (mbö/ml/dpa/afp)

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