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Streitthema Biokraftstoffe

24. Dezember 2012

Prof. Ralf Seppelt, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ zur Frage, ob Pflanzen zur Energiegewinnung genutzt werden sollten.

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DW: Miscanthus ist deutlich energieeffizienter als Mais oder Raps. Haben wir möglicherweise die Antwort auf viele unserer Umweltsorgen gefunden? Könnte Miscanthus in Zukunft eine wichtige Energiequelle für uns werden?

Ralf Seppelt: Viele Nachteile, die man sonst Bio-Energiekulturen zuschreibt hat Miscanthus nicht. Er hat eine dauerhafte Bedeckung, er vermeidet Erosion, er braucht weniger Wasser, weniger Nährstoffe. Das ist sehr positiv. Ich würde den Blick allerdings gerne weiten und den Vergleich aufmachen, was wir sonst mit der Fläche auf dem Acker machen können. Wir können Energie erzeugen. Wir können aber auch Nahrungsmittel produzieren, wohnen, die Natur schützen. Wenn ich mir nur die Energie angucke, dann ist das Verbrennen von Miscanthus, das Verbrennen von Biomasse eines der ineffizientesten Wege Strom oder Wärme zu generieren.

Es ist viel aufwendiger als Solar- oder Windenergie, und wir bekommen viel weniger Energie zurück?

Richtig. Alleine die biophysikalischen Grundlagen sagen 1% der Sonnenenergie wird genutzt um Biomasse zu generieren. Die Pflanze ist nie dafür evolutionär ausgelegt gewesen viel Biomasse zu machen. Photovoltaik nutzt 10% bis 20 %.

Warum strebt die Bundesregierung dann an gerade den Anteil der Energie aus Biomasse zu erhöhen, wenn das nicht wirklich sinnvoll ist?

Der Grund dafür, denke ich, liegt vor allen Dingen daran, dass dieser Vergleich selten gemacht wird. Wenn ich nämlich nur die Photosynthese und den Prozess anschaue, dann habe ich natürlich durchaus einen Klimaschutzeffekt. Wenn ich aber die gesamte Nutzung und die Alternativen betrachte, dann ist das nicht mehr unbedingt positiv.

Aber ist denn Biomasse per se, oder das was man daraus gewinnen kann, verwerflich? Wir sprechen jetzt aus unserer Perspektive als Industrieland. Was ist mit einem Bauer in einem Entwicklungsland, der sich keine Solarzellen auf dem Dach leisten kann. Ist das für ihn nicht eine gute Alternative, solche Pflanzen anzubauen und Energie aus Biomasse zu gewinnen?

Ich möchte ein anderes Beispiel machen. Auch für Länder, die in der Entwicklung sind, die nicht diesen industriellen und technologischen Vorteil haben, den wir haben, gibt es dazu Lösungen: z.B. die thermische Nutzung, nicht unbedingt die komplizierte Photovoltaik. Noch ein anderes Beispiel: Wenn wir uns angucken, wie wir hier in Deutschland nachwachsende Energie produzieren, entweder durch Biomasse, durch Photovoltaik oder durch Wind, dann stellen wir fest, dass die Flächennutzung für die Photovoltaik viel, viel geringer ist, als die für die Biomasse-Produktion. Das geht um Größenordnungen, um den Faktor 10.

Was wären denn dann die Vorteile von Biomasse. Es wird ja angestrebt sie zu nutzen. Was wäre ihrer Meinung nach sinnvoll?

Die Strategie Biomasse anzuschauen, ist eine sehr Gute. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir die Biomasse in der stofflichen Nutzung über kurz oder lang gebrauchen müssen. Nicht nur zur Erzeugung pharmazeutischer Wirkstoffe, oder für Materialien wie Blumentöpfe, für die Dämmung, aber auch für langkettige Moleküle, die wir vielleicht brauchen, wenn wir irgendwann Öl substituieren müssen.

Also eher eine Kombination von verschieden Energiequellen.

Definitiv.

Interview: Valeria Risi