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Vom Sozialprojekt zur GmbH

11. Dezember 2009

Das Projekt "Rock your life" will soziale Gräben überwinden: Studenten helfen Hauptschülern dabei "ihr Leben zu rocken". Dafür wird die Initiative mit Preisen überhäuft.

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Stefan Wirtz und Hans Kuse (Foto: Rock your Life)
Stefan Wirtz (links) und Hans KuseBild: ROCK YOUR LIFE

Hans Kuse, 15 Jahre alt, ist Hauptschüler. Er muss eine Buchpräsentation vorbereiten und sucht Rat bei seinem Coach Stefan Wirtz. Der ist 22 und Student der Wirtschaftswissenschaften an der Zeppelin-Universität im süddeutschen Friedrichshafen. Die beiden - der Student und der Hauptschüler - haben über das Projekt "Rock your Life" zueinandergefunden. Das Coaching von Hans wird zwei Jahre dauern. "Der Lehrer hat das Projekt vorgestellt, die Studenten sind zu uns an die Schule gekommen und wir haben uns unseren Partner dann frei ausgesucht und im Anschluss eine Stunde miteinander geredet", erinnert sich Hans an den Beginn seines Coachings.

Studenten und Schüler finden in der Aula der Ludwig-Dürr-Schule in Friedrichshafen zusammen (Foto: Rock your Life)
Studenten und Schüler in der Aula der Ludwig-Dürr-Schule in FriedrichshafenBild: ROCK YOUR LIFE

Nach diesem Kennenlernen war klar, dass der Student Stefan den Hauptschüler Hans berät. Denn "Rock your Life" funktioniert nur, wenn der Hauptschüler auch tatsächlich sein Leben rocken will, wenn er motiviert ist. Dann haben beide etwas davon: Hans zum Beispiel profitiert von den Englischkenntnissen des Studenten Stefan – und der erwirbt als zukünftiger Manager schon mal soziale Kompetenzen. "Der Campus ist schon ein bisschen eine eigene Welt", sagt Stefan Wirtz. "Da sind diese Coaching-Beziehungen wunderbar; sie helfen, die Welt auch außerhalb der Uni wahr zu nehmen. Das sind für mich sehr positive Lerneffekte, auch auf zwischenmenschlicher Ebene."

Von Steinbrück provoziert

So überwindet "Rock your Life" gesellschaftliche Gräben. Angefangen hat alles Ende 2008 mit einem Besuch des ehemaligen Finanzministers Peer Steinbrück an der Zeppelin-Universität. "Die These von Steinbrück war, dass Perspektivlosigkeit vererbbar ist", sagt André Pradtke, Mitarbeiter der Universität. "Die Studenten haben sofort gesagt: 'Das können wir so nicht akzeptieren.'" Noch an demselben Abend begannen sie, Ideen zu entwickeln, wie dieses Problem angegangen werden kann.

Christina Veldhoen (M.) mit Studierenden und einigen der Coaches (Foto: Rock your Life)
Christina Veldhoen (Mitte) mit Studierenden und einigen der CoachesBild: ROCK YOUR LIFE

Es war die Geburtsstunde von "Rock your life". "Der Name transportiert, dass jeder sein Leben in die Hand nehmen kann, dass jeder sein Leben selbstbestimmt leben kann, dass jeder sein Leben rocken kann - Hauptschüler wie auch Studenten", erklärt Christina Veldhoen, eine der Gründerinnen. Dieser soziale Brückenbau, den "Rock your Life" durch die 1:1-Coachingsituationen praktiziert, ist grundsätzlich in den Studiengängen der Eliteuniversität am Bodensee enthalten. André Pradtke von der Universitätsverwaltung hofft, dass eine junge Generation von Managern heranwächst, die sich nicht nur der Gewinnmaximierung verpflichtet fühlt: "Wir haben den Anspruch, eine Managergeneration herauszubilden, die in der Lage ist, die sozialen Konsequenzen ihres Handelns mitzudenken und da ist 'Rock your Life' ein exzellentes Projekt."

Fünf-Jahres-Plan

Derzeit wird "Rock your Life" geradezu überhäuft mit Ehrungen und Preisen. Das Geld, das die Gründer dabei sammeln, nehmen sie als Startkapital, um aus dem sozialen Studentenprojekt ein richtiges Unternehmen zu formen. 20.000 Euro gab es von der Herbert-Quandt-Stiftung, 5000 Euro von ehemaligen Stipendiaten der Friedrich-Ebert-Stiftung. "Die Frage war: Wie können wir unsere Vision, die Bildungschancen in Deutschland gerechter zu gestalten, mit einem unternehmerischen Ansatz verbinden?" - sagt Christina Veldhoen von der Geschäftsführung des Projekts.

Die Lösung: Christina Veldhoen entschloss sich zusammen mit Elisabeth Hanke und einem weiteren Kommilitonen, eine gemeinnützige GmbH zu gründen. Personal ist da, Bedarf auch. Mittlerweile coachen bundesweit 85 Studenten 85 Hauptschüler. Start der "Rock your Life" GmbH ist im kommenden Jahr. Und die jungen Unternehmer, die direkt von der Uni kommen, haben konkrete Vorstellungen von der weiteren Entwicklung. "In fünf Jahren haben wir vielleicht zwei weitere Standorte in Deutschland", sagt Christina Veldhoen. "Und in zehn oder 15 Jahren werden wir in jeder zweiten Unistadt präsent sein und die Bevölkerung wird wissen, worum es bei 'Rock your life' geht."

Mittlerweile laufen auch Verhandlungen mit anderen Universitäten, mit Stiftungen und Unternehmen als Geldgeber, um "Rock your Life" auf eine solide finanzielle Basis zu stellen. Reich werden wollen die jungen Manager damit ihren eigenen Aussagen zufolge nicht, aber davon leben können, das sollte schon möglich sein.

Autor: Frank Wiesner

Redaktion: Dеnnis Stutе