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Training für die Arbeitswelt

21. Februar 2012

Viele Studenten sind schlecht auf ihren Berufseinstieg vorbereitet. Die deutschen Unis helfen ihnen mit qualifizierenden Seminaren - zum Beispiel in Hamburg.

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Junge menschen vor ein Tafel mit Jobangeboten (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Philosophenturm, 13. Stock. In dem hellen Raum mit den neuen weißen Tischen trudeln nach und nach die Studentinnen ein. Denn in Seminarraum 1304 beginnt in wenigen Minuten das Berufserkundungsseminar "Zeitungen, Zeitschriften und Onlinemedien“. Die meisten Studentinnen sind im ersten oder zweiten Semester. Sie alle studieren Fächer aus dem Bereich Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaften. Das Seminar gehört zu den sogenannten  "Allgemeinen Berufsbezogenen Kompetenzen", kurz ABK genannt, die an Deutschlands Universitäten seit 2005 jedem Bachelorstudenten vermittelt werden müssen.

Mit gutem Grund, wie die aktuelle Studie "unicensus 11" erst neulich bestätigt hat. Rund 61 Prozent der deutschen Akademiker fühlen sich nach ihrem Studienabschluss ins kalte Wasser geworfen. Mit dem Methodenwissen und den Arbeitstechniken, die sie an der Uni gelernt haben, kommen sie im Berufsalltag nicht klar. Als genauso unzureichend erwiesen sich die vermeintlichen Fachkenntnisse.

Gebäude (Foto: DW / Janine Albrecht)
Der Philosophenturm in HamburgBild: DW

Seminare machen 15 Prozent des Studiums aus

Kaum eine deutsche Hochschule nimmt die AKB so ernst wie die Universität Hamburg. Jeder Studierende muss die Berufseinsteiger-Seminare belegen. Dabei kann er aus einem großen Seminarangebot wählen. Rund 50 Veranstaltungen bietet die Hochschule an. Dadurch sollen "fächerübergreifende Fähigkeiten" erlangt werden, die in allen akademischen Berufen benötigt werden, was bedeutet, dass ein Geisteswissenschaftler eben auch Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre kennen sollte.

"Unser Angebot ist wie ein Feinkostladen", betont Ulrike Job. Sie leitet die Arbeitsstelle Studium und Beruf im Fachbereich Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaften. "Jeder Student kann selbst entscheiden, in welchem Bereich er seine Kenntnisse noch vertiefen möchte - egal, ob es sich dabei um BWL, Marketing, Statistik oder Kommunikation."

AKB-Studienleiterin Ulrike Job (Foto: DW / Janine Albrecht)
AKB-Studienleiterin Ulrike JobBild: DW

Berufe werden erkundet

Zu  Beginn des Studiums geht vor allem darum, die Berufsfelder zu erkunden. "Viele der Studenten haben oft noch überhaupt keine Vorstellung, was sie im Beruf erwartet und welche Anforderungen an sie gestellt werden“, sagt Daniela Stohn. Die freie Journalistin gibt seit zwei Jahren ABK-Seminare zum Thema Journalismus. Heute ist die letzte Stunde für dieses Semester. Die meisten ihrer Studenten wüssten noch nicht, ob sie wirklich mal als Journalisten arbeiten möchten und schnupperten hier mal rein, erzählt die Dozentin. Ein Besuch bei der lokalen Tageszeitung "Hamburger Abendblatt" und Gespräche mit unterschiedlichen Berufspraktikern haben den Studenten einen Einblick in diesen Bereich gegeben.

Auch wie man sich richtig bewirbt, wird in den Seminaren durchgenommen. Aber das alleine reicht nicht. "Für einen Geisteswissenschaftler ist zum Beispiel Betriebswirtschaftslehre und Statistik recht nützlich für das spätere Berufsleben, für jemanden der BWL studiert gehört das zum Fach“, erläutert Job.  Allerdings gibt es natürlich auch viele fächerübergreifende Kompetenzen, wie etwa Gesprächsführung, interkulturelle Kompetenz, Konfliktmanagement oder Medienkompetenz.

Aushang für AKB-Seminare (Foto: DW / Janine Albrecht)
Der Weg zum Beruf soll durch AKB-Seminare erleichtert werdenBild: DW

Studenten wollen Praxis-Erfahrungen sammeln

Offensichtlich ist vielen Studenten wichtig, bereits während des Studiums berufliche Erfahrungen zu sammeln. Bei der bundesweiten Befragung von knapp 1200 Studenten im Rahmen der "uinicensus 11"-Studie gaben das zumindest 67 Prozent von ihnen an. Allerdings hat nur ein Drittel einen Studentenjob, der sie auf ihre zukünftige Karriere vorbereitet.

Johanna Jensen weiß bereits, dass sie Journalistin werden möchte. Trotzdem hat sie aus den AKB-Seminaren viel mitgenommen. Vor allem im Bereich "Schlüsselqualifikationen" habe sie eine Menge gelernt, erzählt die Studentin. Dabei sei sie zunächst sehr skeptisch gewesen. "Ich habe einen EDV-Kurs gemacht und dachte, dass ich dazu eigentlich schon alles weiß." Aber weit gefehlt. Jetzt könne sie mit zwei Klicks einen ganzen Text formatieren, freut sich Johanna Jenßen. "Das nützt mir schon heute viel, zum Beispiel beim Schreiben von Hausarbeiten."

Studentin Johanna Jensen (Foto: DW / Janine Albrecht)
Studentin Johanna JensenBild: DW

Schlüsselkompetenzen und Feedback

Neben solch allgemeinen Kenntnissen  werden bereits sehr berufsspezifische Seminare angeboten. Etwa in der Schreibwerkstatt "Journalistisches Schreiben". Dozentin Daniela Stohn, die sonst als freie Print-Journalistin arbeiten, lässt die Studenten hier vor allem eigene Texte schreiben, die sie redigiert und mit ihnen durchspricht. "In den Redaktionen nimmt sich ja kaum jemand Zeit, man bekommt kein richtiges Feedback", schildert sie ihre Erfahrungen. Trotzdem könne so ein Seminar natürlich kein Praktikum ersetzen. "Das kann man gar nicht vergleichen“, betont Stohn.

Laura Westfalen, 20 Jahre alt, hat sich deshalb bereits für ein Praktikum beworben. Die Eindrücke aus dem Seminar haben die Slawistik-Studentin in ihrem Wunsch, Journalistin zu werden, bestärkt.

Autorin: Janine Albrecht
Redaktion: Sabine Damaschke