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Studiogast der Woche: Hans-Peter Burghof.

Fabian Christ16. August 2011

Burghof ist Banken-Experte und lehrt an der Universität Hohenheim.

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DW-TV: Dazu muss man sagen, dass es für Angela Merkel und Nicolas Sarkozy gar kein Thema ist, einzelne Länder aus der Eurozone auszuschließen. Bei mir im Studio ist Hans-Peter Burghof, Banken-Experte von der Universität Hohenheim. Herzlich Willkommen! Herr Burghof, das war ein relativ gelassener Montag, den wir da gerade gesehen haben in einer Zeit, in der vieles nicht steuerbar scheint, wirtschaftlich gesehen. Wir hatten die Herabstufung der USA, wir haben die Talfahrt der Börsen, hektische Politiker, die eingreifen wollen. Ist dieses Gefühl Hysterie oder stehen wir wirklich vor einem Umbruch?

Burghof: Ja, wir stehen schon vor großen Problemen, ob das ein Umbruch wird, müssen wir mal schauen. Die Politiker wollen im Grunde die Kapitalmärkte betrügen, sie wollen keine ernsthaften Sparmaßnahmen ergreifen, wollen nicht die Haushalte in Ordnung bringen, weil das tut weh. Damit verliert man Wahlen. Das mögen die nicht. Deshalb wird jetzt der Kapitalmarkt dämonisiert und man versucht mit allen möglichen Mitteln noch mal um die Probleme herum zu kommen. Auf die Dauer geht das nicht.

DW-TV: Was wird auf die Dauer passieren müssen?

Burghof: Es wird auf die Dauer müssen, dass alle Staaten zu soliden Haushalten kommen. Und es kann auch sein, dass dabei einige Staaten vielleicht mal ihre Anleihen nicht bedienen können.

DW-TV: Und das heißt dann?

Burghof: Das heißt dann den berühmten Schulden-Schnitt bei einigen, bei anderen tiefe Einschnitte. Und das tut weh. Deswegen machen wir das im Moment nicht.

DW-TV: Wir haben gelassene Menschen gesehen jetzt auf der Straße an Bürgern, wir haben auch welche gesehen, die unsicher sind. Die Gelassenen sagen: Naja, wir jammern auf hohem Niveau. Wie empfinden Sie denn ganz persönlich diese Krise?

Burghof: Ja natürlich jammern wir auf hohem Niveau. Aber wir müssen ja nicht alles kaputt machen. Und wir sind im Moment dabei, es kaputt zu machen. Wir zerstören Europa durch diese Ideen, dass wir jetzt alle füreinander haften. Es kommt auf Verantwortung an in Europa und wenn wir dann, z.B: bei den Euro-Bonds, alles vergesellschaften, dann kann jedes Land seine eigene Politik machen und niemand ist mehr dafür verantwortlich.

DW-TV: Machen denn die Euro-Bonds in Ihren Augen Sinn?

Burghof: Nein, überhaupt nicht. Das sind ganz gefährliche Pfade auf denen wir uns da bewegen.

DW-TV: Warum?

Burghof: Weil es dazu führt, dass die Regierungen nicht mehr verantwortlich sind, für das was sie tun. Sie können dann immer alles abladen, zumindest teilweise abladen auf die Nachbarn und das einzige, was die Regierungen disziplinieren kann, sind tatsächlich die Kapitalmärkte, mit Verträgen, mit irgendwelchen Kriterien, die man vorformuliert hat, funktioniert das ja offenkundig nicht.

DW-TV: Was wären denn die Auswirkungen speziell auf Deutschland?

Burghof: Die Auswirkungen auf Deutschland sind relativ klar. Wir werden deutlich mehr Geld für unsere Staatsschuld bezahlen. Das heißt, wir werden auch schon auf der ersten Ebene nicht mehr so haushalten können, wie in der Zukunft und wir werden Verluste von anderen Länder übernehmen müssen. Das wird ganz eng für uns werden.

DW-TV: Wenn wir jetzt immer wieder Politiker hören, die eingreifen und versuchen die Märkte zu beruhigen, macht das Sinn?

Burghof: Das macht überhaupt keinen Sinn. Ich hab manchmal das Gefühl, die Politik versteht so viel von den Kapitalmärkten wie die Menschen des Mittelalters von den Vulkanen in Island... Das dampft da irgendwo, das brodelt, das muss man dann beruhigen, am besten macht man Opfer. So funktioniert das nicht.

DW-TV: Wer wären die Opfer?

Burghof: Die Opfer sind leider die Unabhängigkeit der Zentralbank, das No-Bail-Out-Prinzip. Es gibt eine ganze Reihe von Opfern, die wir jetzt auf den Tisch gelegt haben, weil wir glauben, wir müssen diese dämonischen Kapitalmärkte beruhigen.

DW-TV: Herr Burghof, steht in Frankreich wirklich die Herabstufung an?

Burghof: Nun, man wird alle Länder auf den Prüfstand holen, auch Deutschland. Und tatsächlich ist Frankreich ein bisschen dichter dran als Deutschland. Aber ich glaube, im Moment sind wir noch nicht so soweit, da gibt es noch ein paar andere Kandidaten.

DW-TV: Was wären die Folgen, wenn Frankreich wirklich herabgestuft wird? Erstmal für Frankreich selbst?

Burghof: Für Frankreich heißt das langfristig höhere Zinsen, wobei das Rating immer nur nachzeichnet, was wirklich an den Märkten passiert. Das heißt, also möglicherweise greifen die Märkte schon vor. Und schon jetzt muss Frankreich höhere Zinsen zahlen als z.B. Deutschland. Das zweite ist, irgendwann wird der Euro-Rettungsschirm nicht mehr glaubhaft. Deswegen nützt diese ganze Aufstockung des Rettungsschirms überhaupt nicht. Der muss ja glaubhaft sein, man muss ja glauben, dass man jemanden dahinter hat, der einem auch wirklich garantieren kann. Und wenn dann die Kreditwürdigkeit Frankreichs in Frage gestellt wird, dann steht nur noch Deutschland und einige etwas kleinere Länder dahinter und dann kommen wir ganz langsam auf die schiefe Ebene und rutschen immer tiefer hinab.

DW-TV: Und irgendwann kommen auch die Rating-Agenturen nach Deutschland.

Burghof: Ja natürlich. Ja. Mitgehangen, mitgefangen an der Stelle.

DW-TV: Was haben, denn die Franzosen denn falsch gemacht?

Burghof: Die Franzosen haben sich zu sehr darauf verlassen, dass man innerhalb des Euros füreinander haftet und dass sie an der Stelle gesichert sind und haben ihre Reformen nicht angegriffen. Die haben das gemacht. Es ist ein Verdienst des vorherigen Kanzlers, dass viele Reformen angegriffen wurden und davon profitieren wir heute ganz massiv.

DW-TV: Wir haben in den letzten Tagen und Wochen gelernt, dass die Psychologie eine sehr große Rolle spielt an den Märkten und auch bei den Leuten. Kann es denn jetzt aber auch sein , dass wir diese Negativentwicklung ein bisschen herbei beschwören?

Burghof: Nein. Und ich glaube, diese Betonung der Psychologie ist eine typische Methode wie man einen Sündenbock aufbaut. Die Märkte fragen sich ganz einfach, sind diese Länder in der Lage ihre Zinsen zu zahlen und wenn sie daran Zweifel haben dann fehlt ihnen der Kurs dieser Anleihen und dann muss man eine seriöse Politik machen und muss den Märkten Sicherheit geben und dieses Rauf und Runter, das spiegelt einfach nur die Unsicherheit, die vielen verschiedenen Informationen wieder die darüber im Moment auf den Markt kommen.

DW-TV: Klare Worte sind das. Hans-Peter Burghof ganz herzlichen Dank für ihren Besuch.