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Studiogast: Dr. Jan Hagen

Kiron Kreuter2. August 2011

Zu Gast im Studio ist Dr. Jan Hagen von der European School of Management and Technology, ESMT.

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DW-TV: Deutsche Unternehmen sind im In- und Ausland zur zeit besonders erfolgreich. Was haben die deutschen Unternehmen besser gemacht als andere?

Jan Hagen: Sie haben zunächst einmal dort investiert, wo das Wachstum ist, das heißt in Fernost. Sie haben dadurch auch frühzeitig auf den Kostendruck reagiert und sie haben sich auf qualitativ hochwertige Produkte konzentriert, wo sie eher Wettbewerbsvorteile ausspielen können.

DW-TV: Und sie haben noch etwas gemacht: Sie haben massiv gespart zum Teil. Inwieweit gehen denn die üppigen Gewinne zu Lasten der Beschäftigten?

Jan Hagen: Sie gehen sicherlich ein Stück weit zu Lasten der Beschäftigten, das haben wir gesehen. Das in den letzten Jahren Arbeitsplätze abgebaut worden sind - allerdings eben gerade nicht in den Bereichen, die wir gesehen haben, die qualitativ hochwertige Produkte gefertigt haben. Hier geht es um gut ausgebildete Mitarbeiter. Und hier haben wir in den letzten Jahren eher sogar einen Zuwachs gesehen. Was wir auf der anderen Seite natürlich sehen ist, dass in Fernost billig produziert wird und dort, wo es um reine Kostenfaktoren geht, dort ist eine Verlagerung unvermeidlich gewesen und die hat auch stattgefunden.

DW-TV: Als Exportnation, die Deutschland ja ohne Frage ist, ist man abhängig vom Wohl und Weh des Rests der Welt. Siemenschef Peter Löscher sieht bereits die ersten Risiken im weltwirtschaftlichen Umfeld auf uns zu kommen. Wo liegen da konkret die Gefahren?

Jan Hagen: Na, wir haben zwei Fälle, die wir im Blick haben müssen. Das eine sind die hochverschuldeten Industrienationen. Hier merken wir den Druck von den Finanzmärkten, die zunehmend weniger bereit sind, die Verschuldung der Industrienationen mitzutragen, was dazu führt, dass die Regierungen weniger Geld haben für üppige Konjunkturprogramme. Aber wir haben auf der anderen Seite, und das ist sicherlich das, was Herr Löscher auch mit anspricht, auch in den wachstumsstarken Märkten zunehmend eben auch Risiken: China hat zunehmend mit Inflationssorgen zu kämpfen, wir haben eine Immobilienblase, die dort im Entstehen ist, ganz ähnlich, wie wir sie seit Mitte 2000 in den Industrienationen haben. Und das wird nicht ohne Auswirkungen bleiben, das heißt hier werden wir über kurz oder lang mit einem deutlichen Nachlassen des Wachstums rechnen müssen.

DW-TV: Und dann kommen noch die Probleme der USA dazu. Es gilt nun also ein Kompromiss. Was bedeutet das für die Deutsche Wirtschaft?

Jan Hagen: Zunächst mal ist es gut, dass wir nicht dieses Damoklesschwert der Insolvenz des amerikanischen Staates über uns haben. Aber es ist nicht so, dass durch den Kompromiss jetzt alle Probleme vom Tisch sind. Amerika ist ein hochverschuldetes Land, wie auch die meisten anderen europäischen Industriestaaten und das wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein, diese Verschuldung wieder auf ein vertretbares Maß herunter zu drücken.

DW-TV: Noch ganz kurz: Wir haben ja unsere eigenen Probleme in Deutschland. Inwieweit werden die Schulden des deutschen Staates die Unternehmen ausbremsen?

Jan Hagen: Naja, es sind die Rettungspakete, die geschnürt worden sind, die werden ihre Spuren hinterlassen. Und der Staat hat eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Er kann zum einen massiv sparen, und die andere Möglichkeit ist, Steuern nach oben zu setzen. Beides sind nicht besonders attraktive Aussichten.

(Interview: Sandra Berndt)