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Stupid White Men

5. April 2003

Bananenrepublik USA: Im weißen Haus sitzt ein Präsident, der regieren lässt. Die Lage der Nation ist entsprechend. Michael Moore gelang eine seltene Mischung aus knallhartem politischen Buch und witziger Satire.

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Starker Tobak, den Michael Moore da in seinem ersten Buch serviert - das übrigens auch in Deutschland unter dem Titel "Stupid White Men" herausgekommen ist. Nichts für schwache Nerven und schon gar nichts für jene, die Kritik am Amerika des George W. Bush für Majestätsbeleidigung halten.

Schonungslose Abrechnung

Moore, dessen jüngster Film "Bowling for Columbine" - eine Abrechnung mit dem amerikanischen Waffenwahn - gerade in die Kinos gekommen ist, hat ein ungeheures Pamphlet geschrieben, ein im wahrsten Sinne des Wortes haarsträubendes Buch über den moralischen Verfall und den politischen Niedergang der einzigen verblieben Supermacht USA. Es ist eine schonungslose Abrechnung geworden - und wäre sie nicht gleichzeitig so witzig und ironisch, teilweise auch albern geschrieben, man müsste nach der Lektüre in tiefe Depression versinken.

Die amerikanische Regierung: Eine Junta, nicht unähnlich der einer Bananenrepublik.

Der US-Präsident: ein ungebildeter, dümmlicher, eitler Typ - ins Amt gekommen durch den Einfluss seines mächtigen Clans und durch massive Wahlfälschungen.

Das Bildungssystem: verrottet.

Die Justiz: gnadenlos.

Die Außenpolitik: stümperhaft und riskant.

Die Umweltpolitik: rücksichtslos und zerstörerisch.

Die Wirtschaft: An den Interessen der großen Konzerne orientiert.

Die amerikanische Gesellschaft: ungerecht und rassistisch.

Die Medien: einseitig, primitiv.

Die Schwarzen: Opfer permanenter Diskriminierung und Benachteiligung.

Michael Moore lässt kein gutes Haar an der politischen Klasse seines Landes, alle bekommen ihr Fett weg, und dennoch schreibt der Autor auch: "Ich liebe dieses riesige, tollpatschige Land und die verrückten Menschen, die darin leben" - man mag es kaum glauben.

Rebell und Medienstar

Vielleicht hat er deswegen auch äußerst witzige Passagen eingestreut, satirische Lebens- und Überlebenshilfen , politische Spickzettel zum Ausschneiden und Aufbewahren, comicartige Szenen - sie geben dem Buch die notwendige Leichtigkeit. Sonst wäre es ausschließlich eine brachiale, sarkastische, dick aufgetragene, eine zornige Kampfschrift geworden, der verbale Rachefeldzug eines rebellischen Nörglers. All dies ist "Stupid White Men" auch. Doch wenn man viel verbales Gerümpel einmal beiseite räumt, vielleicht die eigene moralische Entrüstung überwindet, dann finden sich Einsichten in die Defizite einer Gesellschaft und einer Politik, die sich im Rahmen der Terrorismusbekämpfung gerade anschickt die Welt zu verändern.

Was einen hoffnungsvoll stimmen kann ist übrigens dies: Das Buch "Stupid White Men" ist in den USA zum Bestseller geworden, der schwergewichtige Autor mit der Baseballkappe gilt nicht nur als der lautstärkste Rebell im Lande, er wurde zum Medienstar, die amerikanische Öffentlichkeit erträgt seine Provokationen. Mindestens dies ist eben auch ein Zeichen von Liberalität.

Rezension: Cornelia Rabitz

Bibliografische Angaben:
Michael Moore
Stupid White Men
Piper, 2002
3-492-04517-0
12.00 Euro