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Sturm im Wasserglas

Bernd Riegert, Brüssel27. April 2005

José Manuel Barroso, der zwar bemühte, aber eher glücklose Präsident der EU-Kommission, hat reiche Freunde. Zum Beispiel den griechischen Reeder Spiros Latsis, den er seit zwanzig Jahren kennen will.

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Bernd Riegert

Von dem reichen Reeder ließ sich der ehemalige portugiesische Ministerpräsident zu extravaganten Ausflügen auf dessen Yacht im Mittelmeer einladen. Das war im Sommer 2004. Die komplette Familie Barroso ging mit an Bord. Die deutsche Tageszeitung "Die Welt" grub den vermeintlichen Skandal aus.

EU-Projekte in Rumänien

Barrosos Sprecherin wehrte in den folgenden Tagen Fragen nach möglichen Interessenkonflikten ab. Der griechische Unternehmer habe keine geschäftlichen Verbindungen zur EU-Kommission, behauptete die Sprecherin schlankweg und irrte. Natürlich hat eine so große Unternehmensgruppe in Europa immer irgendwelche Kontakte mit der Kommission. Und siehe da: Eine Konzerntochter hatte in Rumänien an EU-Projekten mitgewirkt. Die Verbindung war da, aber ob José und Spiros, die alten Studienkumpel, darüber je gesprochen haben, ist unbekannt.

Private Einladung

Nach ihrem Verhaltenskodex dürfen EU-Kommissare im Amt nur Geschenke im Wert von schlappen 150 Euro annehmen, der Yacht-Urlaub war sicher teurer. Die Sozialdemokraten im Europa-Parlament witterten ihre Chance, dem konservativen José Barroso am Zeug zu flicken. Barroso pflege unziemlichen Umgang mit "Kapitalisten", die ja in Deutschland gerade von der SPD angefeindet werden. Sie forderten Rechenschaft. Barroso schickte einen Brief, in dem er darlegte, dass es sich um eine rein private Einladung auf ein privates Schiff eines privaten Freundes gehandelt habe. Einen Interessenkonflikt gebe es nicht.

Ruhe für die EU-Verfassung

Eigentlich wollten die Sozialdemokraten Barroso vor das Parlament zitieren, damit er öffentlich Rede und Antwort stehen solle. Doch nach ein, zwei Anrufen aus Berlin und Paris war plötzlich Ruhe. Die Sache sei erledigt, sagte der Fraktionschef der Sozialisten, Martin Schulz. Schwamm drüber. Basta. Einen Skandal mit europakritischen Schlagzeilen können sich die Wahlkämpfer in Frankreich nicht leisten. Sie preisen gerade die EU-Verfassung. Man wolle die Verfassungsabstimmung im Mai nicht belasten, so hieß es aus dem Parlament.

Freundschaftsdienste - auch für Politiker

José Barroso hat also Glück gehabt, dass "höhere" Ziele der Untersuchung seiner Urlaubsgepflogenheiten entgegenstehen. In Griechenland, der Heimat des Reederkönigs Spiros Latsis, schüttelt man über die Neidkampagne gegen Barroso nur den Kopf. Dort ist es üblich und keineswegs verdächtig, dass Spiros Latsis nicht nur Barroso, sondern während der olympischen Spiele ganze Batterien von europäischen Spitzenpolitkern auf seine Schiffe eingeladen hat. Er unterhält nämlich eine kleine Flotte für all seine engen Freunde. José Barroso sieht übrigens keinen Grund, seine Urlaubspläne zu ändern. Er ließ wissen: Ich würde und werde es wieder tun.