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Sturzflug vor dem Start

17. Januar 2002

Leise, groß und stark sollte er sein: der Cargolifter. Nun scheint es, als sei das Luftschiffprojekt am Boden. Der Gesellschaft geht das Geld aus.

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Das "CargoLifter Experimental Airship Joey" wurde am 6. Mai 1998 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.Bild: CargoLifter

Noch vor knapp zwei Jahren war die Euphorie nicht zu bremsen. Ein neues Luftschiff namens Cargolifter sollte die Ära der Zeppeline wiederbeleben. Endlich schien es technisch möglich, ganze Turbinen in einem Stück über Ozeane zu transportieren. Als fliegender Baukran gefeiert, geht dem Projekt jetzt die Puste aus. Das Geld reicht nur bis zum Frühjahr 2002.

Am Mittwoch (16.1.2002) brach prompt die Aktie der Neuzeit-Zigarre zusammen: Sie verlor zeitweise sogar über 50 Prozent. Einem Großinvestor war offenbar schwindelig geworden. Er verkaufte seine Aktien und verursachte dadurch den freien Fall des Papiers auf ein Rekordtief von 2,70 Euro.

Der Glaube an das einst gefeierte Comeback der Zeppeline scheint zu schwinden. Selbst wenn die 65.000 Kleinaktionäre zusammenhalten, fehlen rund 283 Millionen Euro. Ohne Finanzspritze können die Luftschiffe 2004/05 nicht in Serienproduktion gehen. Carl von Gablenz, Vorstandsvorsitzender der Cargolifter AG, will diese Summe nun über Kredite, Bürgschaften und strategische Partner hereinholen – so berichtet die Financial Times Deutschland.

Das Unternehmen hofft auch auf öffentliche Fördermittel. "Wir sind mit Bund und Land im Gespräch", sagte eine Firmensprecherin.

Keine Luftsprünge ohne Kapital

Gablenz bemüht sich, Geldgeber vor allem in der Luftfahrt-Industrie zu gewinnen. Doch bisher ohne Erfolg.

Im Zeitalter von Riesen-Airbussen, Überschallflugzeugen und Space-Shutteln lässt sich eine gewisses Misstrauen durchaus nachvollziehen.

Ein altmodisch wirkendes Luftfahrzeug soll in der heutigen Zeit Gewinn bringende Aufträge bekommen. So versprechen es die Strategen von Cargolifter. Ihre Theorie: Der Luftriese kann Ladungen direkt von der Montagehalle aufnehmen und dort abladen, wo sie der Auftraggeber braucht. Bedeutend sind dabei Größe und Gewicht der Fracht. Ganze Brückenpfeiler sollen zum Beispiel direkt an den Bestimmungsort geliefert werden können. Umständliches Verladen kleiner Häppchen von Lastwagen auf Schiffe fällt weg. Das spart Zeit und Geld.

Ein solches Transportmittel gab es in der Geschichte der Luftfahrt noch nie. So hat der Cargolifter mit Zeppelinen aus vergangenen Tagen kaum etwas gemein.

160 Tonnen Wasser

Allerdings: Branchenexperten halten nicht nur die Finanzierung für problematisch, sondern sehen auch technische Risiken. Bis zu 160 Tonnen schwere Ladung lässt sich nicht einfach irgendwo abstellen. Dafür benötigt der fliegende Kran ein besonderes Absetzverfahren. Beim Abladen der Fracht muss das fliehende Gewicht wieder ausgeglichen werden. Dazu soll das Luftschiff Wasser tanken, was eine entsprechende Andockstation voraussetzt.

Schwieriger als die technische Umsetzung scheint im Moment aber die Suche nach Investoren. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gab es am Donnerstag (17.Januar 2002) als die Aktie mit plus 20 Prozent wieder etwas Boden gut machte. Richtig Luft holen kann Cargolifter deshalb aber noch nicht. (dpa/reuters/alf)