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Suche nach dem Ausweg

Gerda Meuer11. Februar 2003

Sehr viel scheinen sie sich nicht zu sagen gehabt haben: Nach noch nicht einmal 15 Minuten brachen die 19 NATO-Botschafter ihre Sondersitzung am Dienstag Abend (11.2.) in Brüssel ab. Wie weiter?

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Nato vor der Zerreißprobe

Das Treffen hatten die Spitzen-Diplomaten schon den ganzen Tag über immer wieder verschoben. Einen Beschluss, der einen Ausweg aus der aktuellen Krise des Bündnisses weisen würde, konnte NATO-Sprecher Yves Brodeur denn anschliessend auch nicht verkünden, nur die Selbstverständlichkeit, dass die Beratungen am Mittwoch (12.2.) weitergingen.

Verzweiflung in Brüssel

Dann könne die NATO noch einmal versuchen, eine Lösung zu finden. Mit einer schnellen Entscheidung war ohnehin nicht zu rechnen gewesen. Dazu hatten sich am Montag (10.2.) Belgien, Deutschland und Frankreich zu deutlich festgelegt, als sie mit einem Veto alle Planungen des Bündnisses für eine Unterstützung der Türkei im drohenden Irak-Krieg blockierten. Doch die seither herrschende Hektik im Brüsseler Hauptquartier, die Betriebsamkeit und die fast verzweifelten dipolomatischen Bemühungen zeigen vor allem eines: in der NATO knirscht es nicht nur, sondern das Bündnis steckt offensichtlich in einem abgrundtiefen Dilemmma. Seit Mitte Januar schon ringt die Allianz um eine gemeinsame Position zum Schutz des NATO-Partners Türkei in einem möglichen Irak-Krieg.

Am Montag kam dann das Aus für die entsprechende Anfrage aus den USA: Deutschland, Frankreich und Belgien votierten öffentlich gegen das Hilfsersuchen, verweigerten damit einem Partnerstaat den Schutz. Die Begründung der drei Abweichler: Würden offizielle Planungen für den Schutz der Türkei von der NATO aufgenommen, dann akzeptiere man die Unausweichlichkeit eines Irak-Krieges.

Elegante Kehrtwende gesucht!

Doch nach dem Dreier-Veto - der NATO-Rat kann nur einstimmig entscheiden - steigerte die Türkei die Dramatik und erhöhte den Druck auf die Allianz: Ankara berief sich auf Artikel 4 des NATO-Vertrages. Danach kann jedes Mitglied Beratungen im Rat verlangen, wenn es sich bedroht fühlt. Dieser Griff nach Artikel 4 geschah nicht nur zum ersten Mal in der Geschichte des Bündnisses, seitdem stecken die NATO-Partner auch in einer Zwickmühle. Denn die Anfrage auf Schutz berührt den Kern der NATO-Verträge. Das Bündnis wurde eigens gegründet, um Mitglieder gegenseitig vor Bedrohungen zu schützen. Jetzt wird also weiter nach einem möglichst eleganten Ausweg für die 19 Staaten aus dem Dilemma gesucht. Dieser Ausweg könnte, nach allem, was inoffiziell zu hören ist, folgendermaßen aussehen:

Die Unterstützung der Türkei müsste den Bedenken Deutschlands, Belgiens und Frankreichs Rechnung tragen. Etwa in der Art, dass Ankara nur defensiv geholfen wird: also durch Patriot-Abwehrraketen und militärisches Gerät zum Schutz vor Chemie- und Biowaffen. Aber: vorerst kein Ersatz von amerikanischen Truppen, die im Irak gebraucht werden, durch NATO-Kontingente. Vermutlich wird aber auch am Mittwoch oder am Donnerstag noch nicht abschliessend darüber entschieden werden. Berlin hat schon angedeutet, dass man zunächst noch den zweiten Bericht des UNo-Waffeninspekteurs Hans Blix am Freitag (14.2.) abwarten wolle.