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Keine Hoffnung auf Rettung

4. Mai 2014

Staatstrauer in Afghanistan: Die Suche nach Verschütteten der Schlammlawinen musste aufgegeben werden. Auch für die Überlebenden sind die Folgen der Katastrophe verheerend. Bundesregierung und EU bieten Hilfe an.

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Menschenmenge blickt auf die Schlammlawine in Afghanistan (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Die Flaggen im Land wehen auf Halbmast. Präsident Hamid Karsai hat einen nationalen Tag der Trauer ausgerufen. "Alle unsere Brüder und Schwestern unter den Tonnen von Schlamm sind tot, und wir beten für sie", sagte der Provinzgouverneur von Badachschan, Schah Waliullah Adeeb. Die Suchaktion könne nicht weiter fortgesetzt werden, da die Häuser des Dorfes Ab-e-Barik unter Metern von Schlamm lägen und in der abgelegenen Bergregion schweres Gerät fehle. Die Zahl der bestätigten Todesopfer lag bei rund 300.

Er und seine Mitarbeiter würden für die Opfer beten und das Gebiet zu einem Massengrab erklären, sagte der Gouverneur. Sein Stellvertreter Gul Mohammed Bedar sagte der Nachrichtenagentur AFP, nach Einschätzung der Behörden werde die Opferzahl nicht über 500 steigen. Die zunächst genannte Zahl von 2500 möglichen Opfern stammte demnach von Anwohnern, nicht von den Rettungskräften.

Schutzlos in der Kälte

Hilfe brauchen nun vor allem Hunderte Familien, deren Häuser zerstört oder verschüttet wurden. Sie sind obdachlos und müssen in der Kälte ausharren. Rund 700 Familien mit insgesamt 2000 Menschen verloren durch das Unglück ihr Dach über dem Kopf. Afghanistans Präsident Hamid Karsai sprach den Betroffenen sein Mitgefühl aus und sagte den Überlebenden rasche Hilfe zu.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, die Bundesregierung stehe in Kontakt mit den afghanischen Behörden und werde "helfen, wo immer ihr dies möglich ist, um das Leid der Betroffenen zu lindern". Der SPD-Politiker äußerte seine "große Betroffenheit" über das Unglück. Bundespräsident Joachim Gauck zeigte sich in einem Schreiben an Karsai bestürzt und sprach seine "tief empfundene Anteilnahme" aus. Deutschland stehe "in dieser schwierigen Zeit an Ihrer Seite", versicherte er dem afghanischen Präsidenten.

Auch die Europäische Union sprach den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus und bot Hilfe an.

Doppelte Katastrophe

Schlamm und Geröll hatten sich in zwei einzelnen Erdrutschen gelöst und so fast das gesamte Dorf unter sich begraben. "Die Schlammlawine hat als erstes eine Hochzeitsfeier getroffen", sagte der Gouverneur des Distrikts Argu, Hadschi Abdul Wadud Saidi. Dabei seien 250 Menschen gestorben. Viele Menschen, die den ersten Opfern helfen wollten, wurden beim zweiten Erdrutsch mitverschüttet. "Jeder hat Familienmitglieder oder Freunde verloren", sagte Abdul Maroof Rasekh, ein Dorfbewohner. "Ich habe eine Tragödie miterlebt."

Die Häuser in der Bergregion sind in der Regel aus Lehm gebaut. Wasserfluten bringen sie relativ leicht zum Einsturz. In der Gegend hatte es in den vergangenen Tagen wie jedes Jahr im Frühjahr stark geregnet. Die heftigen Niederschläge verursachen regelmäßig Überschwemmungen und Schlammlawinen. Bereits in der vergangenen Woche hatten die Wassermassen in vier nordafghanischen Provinzen mehr als 100 Menschen das Leben gekostet. "In den vergangenen sieben Tagen sind mehr Afghanen bei Naturkatastrophen getötet worden als im ganzen Jahr 2013", sagte der UN-Nothilfekoordinator in Afghanistan, Mark Bowden.

Das jetzt zerstörte Dorf Ab-e-Barik ist zudem abgelegen und nur schwer zu erreichen. Es ist auch unklar, wie unsicher der Distrikt derzeit ist: Dort waren im vergangenen Jahr die Taliban aktiv. Die Bundeswehr war 2012 aus der Gegend abgezogen.

nis/cw (afp, dpa, ape)