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Suche nach neuer Regierungsform in Kabul

Masood Saifullah17. Juli 2014

Durch Druck und Vermittlung der USA konnte die Patt-Situation nach der Stichwahl in Afghanistan gelöst werden. Auch an einer tragfähigen zukünftigen Regierungsform wird gearbeitet.

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US-Außenminister John Kerry in Afghanistan mit Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah
Bild: Reuters

Erstmals seit der umstrittenen afghanischen Stichwahl vom 14.6. zeigten sich die beiden Präsidentschaftskandidaten Abdullah Abdullah und Ashraf Ghani gemeinsam der Öffentlichkeit. Sie traten am späten Samstagabend (12.07.2014) zusammen mit US-Außenminister John Kerry und dem UN-Vertreter in Afghanistan, Jan Kubis, vor die Presse in Kabul. Kerry verkündete den Erfolg einer intensiven Gespräche mit allen Beteiligten, darunter auch dem scheidenden Präsidenten Karsai: Sie gaben grünes Licht für die Neuauszählung aller bei der Stichwahl abgegebenen Stimmzettel und stimmen der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit zu.

Wie genau diese Regierung der nationalen Einheit gestaltet werden soll, wurde noch nicht offiziell mitgeteilt. Wie aus Krisen der Beteiligten bekannt wurde, soll der Posten eines "chief executive" neben dem bisher mit allen Vollmachten ausgestatteten Präsidenten geschaffen werden.

Unterschiedliche Vorstellungen über künftigen Weg

Abdullahs Vizekandidat Mohammed Muhaqiq sagte nach der Bekanntgabe der Einigung in verschiedenen Interviews, dass der Posten des "chief executive" aus dem Lager des bei der Stichwahl unterlegenen Kandidaten besetzt werden solle, außerdem werde die neue Regierung Vorbereitung für eine Verfassungsänderung treffen.

Loja Dschirga im November 2013 (Foto: DW)
Wird eine Loja Dschirga eine tragfähige Lösung hervorbringen?Bild: DW/H. Sirat

Diese Darstellung bestätigte Abdullahs Sprecher Fasel Santscharaki gegenüber der Deutschen Welle. "Es wurde darüber gesprochen, eine Große Versammlung (Loja Dschirga) für eine Verfassungsänderung binnen zwei Jahren nach Amtsantritt der neuen Regierung einzuberufen", führte Santscharaki weiter aus. "Ziel dabei ist es, das gegenwärtige Präsidialsystem Afghanistans um den Posten eines Ministerpräsidenten zu erweitern."

Ein Sprecher Ashraf Ghanis, Hamidullah Faruki, sagte gegenüber der DW, dass die Regierung der Nationalen Einheit alle Afghanen vertreten werde, wobei die Gewinnerseite innerhalb der Regierung ihre Agenda umsetzen werde. Faruki schränkte jedoch ein: "In unserem Regierungssystem ist der Posten eines Ministerpräsidenten nicht vorgesehen, deshalb kann die Gewinnerseite auch keine derartigen Zusagen machen. Der Präsident kann allenfalls eine Loja Dschirga einberufen, und wenn dabei das Volk beschließt, dass ein solcher Posten geschaffen werden soll, dann kann der Präsident eine entsprechende Entscheidung treffen."

Beide Kandidaten hatten bereits während des Wahlkampfs erklärt, dass sie Verfassungsänderungen anstrebten. Abdullah stellte dabei eine Änderung des Regierungssystems in den Vordergrund, Ghani ließ sich mit der Forderung nach dem Posten eines dritten Vizepräsidenten neben den bisherigen zwei vernehmen. Dadurch solle eine bessere Vertretung der verschiedenen Volksgruppen in der Regierung bewerkstelligt werden.

"Klare Absprachen über weiteres Vorgehen nötig"

Der afghanische Politikexperte Younus Fakur lobt die jetzt erzielte Übereinkunft als Durchbruch für eine Lösung der aktuellen Pattsituation in Afghanistan. "Wenn aber die Details des Abkommens nicht jetzt beschlossen werden, könnten wir uns schon bald mit einer neuen Krise konfrontiert sehen", warnte er gegenüber der DW. "Klare dokumentierte Verabredungen über die zukünftige Zusammenarbeit der Regierungspartner würden für mehr Stabilität sorgen."

Anschlag in Jalalabad, Afghanistan 12.07.2014 (Foto: Picture alliance/dpa)
Kabul bracht weiterhin Hilfe - auch im Kampf gegen ExtremistenBild: picture-alliance/dpa

Fakur verweist auf die amerikanische Drohung, dass ein Versuch der extra-legalen Machtübernahme durch einen der beiden Kandidaten zum Verlust der internationalen Unterstützung und Militärhilfe für Afghanistan führen würde. Es sei sicher eine große Herausforderung für beide Lager, zusammenzuarbeiten, die Alternative wäre aber eine Katastrophe für Afghanistan gewesen.