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Psychologie eines Comebacks

Conor Dillon
6. Februar 2017

Der Super Bowl 2017 war ein wahres Sportmärchen - zumindest für die Patriots. Dabei steckt hinter deren Sieg vielleicht sogar mehr Psychologie als sportliches Können, so die Psychologin Jeannine Ohlert im DW-Interview.

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Super Bowl LI - New England Patriots vs. Atlanta Falcons
Bild: Getty Images/K. C. Cox

Deutsche Welle: Erst ist es nur ein Touchdown, ein Tor oder ein mickriger Punkt  - und plötzlich läuft das Team, das gerade noch schwach wirkte und zurücklag, zur Höchstform auf. Statt 100 Prozent geben sie 120 Prozent und sind unbesiegbar. Was geht dabei in der Mannschaft vor?

Jeannine Ohlert: Ich glaube, das liegt eher an der Mannschaft, die so hoch führt. Das sehen wir immer wieder in verschiedenen Sportarten. Im Fußball gab es das Beispiel auch schon mal, als die Deutsche Nationalmannschaft in einem Qualifikationsspiel gegen Schweden 4:0 führte und dann doch noch das 4:4 kassiert hat. Oder als die deutschen Handballer bei der diesjährigen WM die ganze Zeit geführt hatten, dann aber doch noch überraschend gegen Katar verloren - und ausgeschieden sind.

Ich glaube, das Problem ist, dass der Kopf abschaltet wenn man besonders hoch in Führung liegt. Das heißt: Nicht die Mannschaft, die zurückliegt, gibt auf einmal 120 Prozent - sondern die Mannschaft, die vorne liegt, nimmt in ihrer Leistung ab. Man spricht dabei von "Collective Collapse". Dazu gibt es mittlerweile auch Studien.

Was zeigen diese Studien?

Ein Kollege untersucht das derzeit sehr intensiv. In einem ersten Experiment versucht er herauszufinden, ob das Phänomen sozial ansteckend ist. Das heißt, ob sich die Gefühle von einem Spieler auf den anderen übertragen. Wenn etwa der Erste denkt, "das wird schon irgendwie klappen" - und in seiner Leistung nachlässt, nehmen die anderen das wahr - und lassen ebenfalls nach. Das zeigen auch erste Studien.

Können Mannschaften irgendetwas gegen solch einen Collective Collapse machen?

Was man in der Situation bräuchte - und das wird auch in manchen Teams so gemacht - ist, dass man quasi vorher schon für den Ernstfall eine Art Codewort abspricht. Eines, das der Trainer ruft, und dann alle Spieler wissen, "OK, jetzt habe ich noch mal eine Sonderaufgabe." Das kann zum Beispiel sein, eine bestimmte Taktik anzuwenden oder noch einmal 110 Prozent zu geben. So könnte man einen Collective Collapse vielleicht aufhalten. Aber das ist eher eine Idee aus meiner Praxis als Sportpsychologin.

Jeannine Ohlert ist Sportpsychologin und Wissenschaftlerin an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Das Interview führte Conor Dillon.