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Susanne Mischke: Schwarz ist die Nacht

Hanno Murena3. November 2003

Der Roman ist in etlichen Passagen oberflächlich, glatt und sogar kitschig. Nicht gerade empfehlenswert. Aber man sollte ihn dennoch lesen - trotz der blonden, engelhaften Opfer und weiterer Klischees.

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Warum muss es ausgerechnet ein Kriminalkommissar kurz vor seiner Pensionierung sein, der den Fall unbedingt noch aufklären will? Warum trägt dieser Kommissar den italienisch klingenden Namen Romero, und warum muss er noch dazu ein Liebhaber der guten Küche sein? Das alles erinnert zu sehr an krimi-literarische Vorbilder. Außerdem ist der Roman in etlichen Passagen oberflächlich, glatt und sogar kitschig.

Buchcover: Susanne Mischke, Schwarz wie die Nacht

Unheimliche Chat-Partner

Aber - man sollte ihn dennoch lesen. Nicht nur, weil er spannend beginnt und sofort die Neugier weckt. Da sitzt nämlich eine junge Frau, ein so genanntes Engelchen, im Dunkeln am Computer und trifft im City-Chat einen anonymen "Gesprächs"-Partner. Nicht die Schlüpfrigkeit dieser virtuellen Begegnung fesselt den Leser, sondern die Tatsache, dass der eigentlich doch fremde, unbekannte Chat-Partner einiges, und sogar viel zu viel, über die junge Frau weiß. Das wird ihr, die sich im Chat "Engelchen" nennt, und auch uns schnell unheimlich.

Das ist die Stärke dieses Romans: Die Autorin nutzt geschickt die Möglichkeiten der Computer-Kommunikations-Technik, um Spannung aufzubauen und zu steigern. Der Kriminalkommissar, seine Assistentin, seine Kollegen, der Modefriseur Gianni Amaro, der nicht aus Sizilien stammt sondern aus Frankfurt-Höchst und eigentlich Manfred Göckel heißt, und auch der Stadtstreicher - auf sie alle und auf die um sie herum arrangierte Szenerie kann man getrost verzichten. Das gibt es woanders besser, viel besser.

Computerwanzen und Trojaner

Wenn sich aber von der 159-zigsten Seite an die Story so richtig entwickelt, wenn die computer-versessene Kommissariatssekretärin, Irina, die Spur des Täters aufnimmt, wenn es um Internet, Computerwanzen und "Trojaner" geht, um Dateien und Mails, dann wird es spannend und beängstigend. "Wer glaubt, im Internet anonym zu sein, ist naiv", belehrt Irina einen Kriminalbeamten. Und dem Leser fährt es unter die Haut, wenn ihm sukzessive klar wird, selbst auch Opfer einer solchen Computer-Attacke werden zu können. Es ist, als richte sich der Angriff des unbekannten Täters nicht nur auf die blonden, literarischen Opfer, sondern über das Buch hinaus auf den Leser selbst. Das ist die Stärke von Susanne Mischkes Krimi. Er zieht uns hinein in den gefährlichen Chat, verunsichert den naiven Computer-Nutzer in uns.


Susanne Mischke
Schwarz ist die Nacht
Piper, 2002
ISBN 3492270301
EUR 12,27