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Syrien-Hilfe läuft aus

Naomi Conrad, Berlin 18. Dezember 2014

Millionen Syrer sind auf der Flucht - aber die finanziellen Mittel, um sie zu versorgen, reichen nur noch bis Mitte Januar. In Berlin fordern UN-Vertreter dringend mehr Gelder von der internationalen Gemeinschaft.

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Syrische Flüchtlinge in einem Flüchtlingslager im Libanon (Foto: Maya Hautefeuille/APF/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images/M. Hautefeuille

Die Nothilfekoordinatorin der Vereinten Nationen, Valerie Amos, hat am Donnerstag (18.12.2014) ein kurzes Video mit zur internationalen Geberkonferenz nach Berlin gebracht: Zerbombte Straßen und Schulen, Zeltstädte, ein Junge, der eindringlich in die Kamera blickt. Die Botschaft ist klar: Syriens Flüchtlinge brauchen mehr humanitäre Hilfe - und zwar dringend. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind mehr als 12 Millionen Menschen innerhalb Syriens auf Unterstützung von außen angewiesen, hinzu kommen die rund 4,3 Millionen Flüchtlinge, die in den Nachbarstaaten Zuflucht gefunden haben. In Syrien selbst, so Amos, lebten fast 75 Prozent der Menschen in Armut. "Millionen Menschen leben ohne Strom und sauberes Wasser, die Wirtschaft des Landes ist fast völlig zusammengebrochen."

Doch die finanziellen Mittel, die die internationale Gemeinschaft für die Syrer bereitgestellt hat, reichen nach Angaben von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller nur noch bis Januar 2015. Es könne und dürfe nicht sein, dass Kinder in der Region verhungerten, da das Ernährungsprogramm der UN nicht die nötigen Mittel erhalte, um die Menschen zu ernähren. Monat für Monat müssten Hilfsorganisationen die Weltgemeinschaft bitten, ihren Beitrag zu leisten. "Das ist inakzeptabel", so Müller. Deshalb fordert die Bundesregierung zusammen mit UN-Organisationen die internationale Gemeinschaft auf, Gelder für zwei neue Nothilfe-Pläne bereitzustellen, um ab dem kommenden Jahr längerfristig Hilfe in Syrien zu leisten und die Nachbarstaaten zu unterstützen. Dafür bedarf es nach UN-Angaben rund 6,7 Milliarden Euro.

Infografik Flüchtlingsströme aus Syrien in die Nachbarländer Deutsch

Anrainerstaaten stoßen an Grenzen

Der aktuelle Hilfsplan soll zum einen den humanitären Bedarf in Syrien selbst decken, um dort 12,2 Millionen Menschen mit dem Nötigsten, unter anderem medizinischer Hilfe, Nahrung und Bildung, zu versorgen. Dafür werden laut UN 2,3 Milliarden Euro benötigt. Mit dem "Syria Response Plan" soll nach Angaben der Vereinten Nationen auch sichergestellt werden, dass weniger Menschen aus Syrien fliehen.

Die Anrainerstaaten, vor allem Ägypten, Jordanien, Irak, die Türkei und der Libanon, haben nach Angaben der UN etwa 4,3 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen - und stoßen damit an die Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit. Deshalb sieht der zweite Plan, der "Regional Refugee and Resilience Plan", kurz "3RP", 4,4 Milliarden Euro für die Nachbarstaaten vor. Demnach soll die Flüchtlingshilfe stärker mit Entwicklungsprojekten in den Aufnahmeländern verbunden werden. Neben den Flüchtlingen soll also auch die lokale Bevölkerung in besonders betroffenen Städten und Gemeinden unterstützt werden.

"Flüchtlingsstrom gefährdet die gesamte Region"

Diese Hilfe sei dringend nötig, so der jordanische Botschafter in Deutschland, Mazen Al-Tal. "Wenn die internationale Gemeinschaft nicht ihre Unterstützung aufstockt, dann können wir unmöglich unsere jetzige Unterstützung für die Flüchtlinge aufrechterhalten." Auch der Planungsminister der kurdischen Regionalregierung fordert dringend mehr Hilfe: In manchen Gegenden habe sich die Bevölkerungszahl fast verdoppelt, so Ali Sindi. Der große Zustrom von Flüchtlingen gefährde letztlich auch die Entwicklung der gesamten Region.

Eine Ansicht, die der Generalsekretär des Norwegischen Flüchtlingsrates, Jan Egeland teilt: "Wir erleben gerade die größte und grausamste Vertreibung seit Jahrzehnten." Regierungen und Parlamente müssten verstehen, dass der Syrienkonflikt ein Ausmaß erreicht habe, das durch die bestehenden Budgets für Entwicklungshilfe nicht mehr abgedeckt werden könnte. Angesichts dieser Ausnahmesituation müsse die internationale Gemeinschaft also auch "außergewöhnliche Hilfe" leisten. Ob die Staatengemeinschaft tatsächlich dem dringenden Appell folgt, ist allerdings offen: Noch fehlen konkrete Zusagen der Geber für den neuen Hilfsplan.