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Syrien soll Antworten geben

22. Oktober 2005

Der UN-Bericht zum Hariri-Mord belastet Damaskus schwer. Ein Resolutionsentwurf gegen Syrien soll vermutlich schon kommende Woche im Sicherheitsrat eingebracht werden. Auch die USA machen Druck.

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Mehlis-Unterstützer in BeirutBild: AP

Die libanesische Regierung hat am Samstag (22.10.2005) den UN-Untersuchungsbericht zum Mord am früheren Ministerpräsidenten Rafik Hariri begrüßt. "Der Bericht (...) hat den Erwartungen des libanesischen Volkes und seiner Regierung entsprochen", sagte Informationsminister Ghasi Aridi nach einer Sondersitzung des Kabinetts in Beirut. Der Report des deutschen Staatsanwaltes Detlev Mehlis sei "unparteiisch und nicht politisiert". Die libanesische Regierung kam anders als üblich ohne den ebenfalls durch den Mehlis-Bericht belasteten Staatspräsidenten Émile Lahoud zusammen.

Syrien weist alles zurück

Die syrische Regierung wies die Anschuldigungen erneut scharf zurück. Der stellvertretende Außenminister Ahmed Arnus sagte in Damaskus, der Bericht beruhe auf "vorgefassten Ideen, die zu Ergebnissen politischer Natur führen und Syrien in einen Kreislauf von Anschuldigungen ohne Beweise bringen". Arnus bedauerte, dass sich Mehlis fast ausschließlich auf Aussagen von Personen in Libanon verlassen haben, deren Feindschaft zu Syrien bekannt sei. Aussagen syrischer Beamter seien nicht beachtet worden.

Die USA mischen sich ein

Nach der Vorlage des UN-Untersuchungsberichts zum Mord am früheren libanesischen Ministerpräsidenten Hariri dringen die USA auf ein gemeinsames Vorgehen des Weltsicherheitsrats gegen Syrien. US-Präsident George W. Bush forderte am Freitag (21.10.2005) eine rasche Sondersitzung des höchsten UN- Gremiums. Es handle sich um einen sehr ernsthaften Bericht, auf den entsprechend reagiert werden müsse, sagte Bush in Simi Valley in Kalifornien. Das Attentat in Beirut hätte nicht ohne syrische Mitbeteiligung geschehen können.

Die USA, Großbritannien und Frankreich hatten schon vor der Veröffentlichung des Berichts signalisiert, dass sie Syrien in einer UN-Resolution für seine jahrzehntelange Intervention in Libanon sowie den Mordfall Hariri zur Verantwortung ziehen wollen. Der Resolutionsentwurf soll möglicherweise schon am Dienstag im Sicherheitsrat eingebracht werden.

Korruption und Geldwäsche?

Der UN-Bericht macht den syrischen Geheimdienst und dessen Verbündete in Libanon für den Bombenanschlag auf Hariri mitverantwortlich. Mehlis deutet darin außerdem an, dass neben politischen Motiven auch Korruption und Geldwäsche bei der Planung des Attentats eine Rolle spielten. Damaskus wies die Anschuldigungen scharf zurück.

Mehlis betont in seinem mehr als 50-seitigen Bericht, für die Aufklärung eines so komplexen Verbrechens, an dem zahlreiche Menschen beteiligt gewesen seien, benötigten er und die libanesischen Ermittler noch mehr Zeit. Durch die Detonation einer Autobombe mit 1000 Kilogramm Sprengstoff waren am 14. Februar 2005 Hariri sowie rund zwanzig weitere Libanesen ums Leben gekommen. Mehlis vermutet, dass dieselben Hintermänner auch hinter weiteren Anschlägen in Libanon stecken. UN-Generalsekretär Kofi Annan teilte dem Sicherheitsrat mit, er wolle das Mandat für das Mehlis-Team bis zum 15. Dezember verlängern.

"Eine große Lüge"

Nach dem Bericht sind auch Angehörige des syrischen Staatschefs, Baschar al-Assad, der selber nicht genannt wird, in das Mordkomplott verwickelt. So wird ein Zeuge zitiert, der einem Schwager Assads, den Chef des Militärgeheimdienstes General Asef Schaukat (55), belastet. Dieser habe den Palästinenser Abu Addas vor dem Attentat gezwungen, vor laufender Videokamera zu sagen, er sei ein Selbstmordattentäter und habe Hariri im Auftrag einer islamistischen Terrorgruppe getötet. Anschließend soll Abu Addas entweder umgebracht oder in Syrien eingesperrt worden sein. Syriens UN-Botschafter Faisal Mekdad bezeichnete diese Darstellung als "eine große Lüge".

Libanons Präsident Lahoud verwickelt?

Neben Offizieren des syrischen Geheimdienstes und vier bereits inhaftierten libanesischen Ex-Sicherheitschefs werden noch weitere Tatverdächtige genannt. Auch fanden die Ermittler heraus, dass Mahmud Abdul Al, der Bruder eines Verdächtigen, kurz vor der Tat auf dem Handy des pro-syrischen libanesischen Präsidenten Émile Lahoud anrief. Politische Gegner Lahouds forderten deshalb am Freitag seinen Rücktritt. Ein Sprecher des Präsidenten erklärte, dieser beteuere seine Unschuld. Es habe sich nicht erwiesen, dass Lahoud selbst das Gespräch entgegengenommen habe. Hunderte Libanesen, Christen und Muslime, versammelten sich am Abend am Grab Hariris und forderten in Sprechchören den Rücktritt der libanesischen und syrischen Präsidenten Lahoud und Assad. Viele dankten dem deutschen UN-Sonderermittler Mehlis für seine Untersuchung.

Kurz vor der Übergabe seines Berichts strich Mehlis die Namen von mehreren verdächtigen Syrern aus dem Text. Dazu gehörte auch der Name des Bruders des syrischen Präsidenten, Maher al-Assad. Er habe dies getan, weil er erfahren habe, dass die Vereinten Nationen den Bericht veröffentlichen wollten, sagte Mehlis am Freitag in New York. US-Medien hatten zuvor bereits die ursprüngliche Fassung des Berichts mit den später gelöschten Namen erhalten. "Niemand außerhalb des Ermittlerteams hat die Änderungen beeinflusst", betonte Mehlis. (kap)