1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Syrisch-libanesische Wirtschaftsbeziehungen

Constantin Schreiber14. März 2005

"Die libanesische Wirtschaft ist entscheidend für Syriens wirtschaftliche Stabilität" - so steht es in einem Bericht des US-Kongresses. Die Verflechtungen der einen mit der anderen Wirtschaft sind eng.

https://p.dw.com/p/6Mmw
Bauboom im LibanonBild: dpa

Syriens Wirtschaft steht vor kaum lösbaren Problemen: Mehr als 20 Prozent Arbeitslosigkeit, ein stagnierendes Wirtschaftswachstum und eine übermäßig schnell wachsende Bevölkerung stellen die Führung in Damaskus unter Präsident Baschar al-Assad vor gewaltige Herausforderungen.

Die Probleme sind hausgemacht

Hafiz al-Assad, der Vater des jetzigen Präsidenten, rief noch zu Zeiten des Kalten Krieges den Sozialismus aus. Freier Wettbewerb wurde zugunsten eines zentralistischen Wirtschaftssystems unterdrückt. Noch heute können die Staatsbetriebe nicht genügend Arbeitsplätze für die nachrückenden Generationen schaffen, der Beamtenapparat ist aufgebläht.

"Träge und ineffizient" sei die ökonomische Lage Syriens, urteilt der Bericht der Hanns-Seidel-Stiftung zur wirtschaftlichen Lage im Nahen Osten 2004. "Ohne notwendige Schritte wie Privatisierung und Reformierung des Finanzsektors kann Syrien die momentanen wirtschaftlichen Probleme nicht in den Griff bekommen", befinden die Gutachter. Für das Assad-Regime ist das eine prekäre Lage, die sich innenpolitisch zur Gefahr für die Machthaber auswachsen könnte.

Libanon: Schweiz des Nahen Ostens

Anders die Situation im Libanon: Drei Prozent Wirtschaftswachstum konnte das Land 2004 verzeichnen, gestützt von einem florierenden Tourismus und steigenden ausländischen Investitionen. Das Bruttosozialprodukt pro Kopf ist mehr als drei Mal so hoch wie das Syriens. Infrastruktur und Sozialwesen werden vom Auswärtigen Amt in Berlin als "gut" bewertet.

Die "Schweiz des Nahen Ostens" – so wurde der Libanon genannt, bevor 1975 der Bürgerkrieg ausbrach. An diesen Ruf möchte der Staat wieder anknüpfen. Bis 1990 dauerte der Krieg und hinterließ ein ruiniertes Land. Beirut, dessen Lebensstil und historische Bausubstanz der Stadt den Ruf als "Paris Arabiens" eintrugen, war eine Trümmerlandschaft, zerbombt und verlassen. Das sollte sich ändern, dafür setzte sich vor allem ein Mann ein: Rafik al-Hariri.

Bauboom in Beirut

Der libanesische Bauunternehmer, der im saudischen Exil ein Milliardenvermögen angehäuft hatte, kehrte in seine verwüstete Heimat zurück und investierte in den Wiederaufbau von Beirut. Gewaltige Summen flossen in ehrgeizige Bauprojekte. Davon profitierte auch das Nachbarland Syrien.

Schätzungsweise 500.000 Syrer strömten in den Libanon, um vor allem im Bausektor des wieder aufblühenden Landes zu arbeiten. Ihre Überweisungen in die Heimat ernähren ganze Familien.

Exodus der Syrer aus dem Libanon?

Die Ermordung des libanesischen Ex-Präsidenten Hariri hat alles verändert. Viele der syrischen Arbeiter verlassen den Libanon. Sie fürchten anti-syrische Übergriffe, weil die Ermordung des populären Politikers Hariri dem Geheimdienst in Damaskus zugeschrieben wird. Für den Arbeitsmarkt in Syrien - eine Million Menschen sind hier arbeitslos - wäre die Rückkehr der 500.000 Arbeiter aus dem Libanon nicht einfach zu verkraften.

Die Bedeutung des Libanon für Syrien geht darüber hinaus. Der Libanon ist traditionell ein Handelsland, das marktwirtschaftlich ausgerichtet ist. Für viele Geschäftsleute in Syrien ist der Nachbarstaat die einzige Möglichkeit, am Wirtschaftsleben teilzunehmen: Sie unterhalten dort auch Geschäfte, Cafés und ihre eigenen Firmen.

Zukunft vage

Die Wirtschaft der südlichen und östlichen Mittelmeerstaaten von Marokko bis Libanon ist im Jahr 2004 um etwa sechs Prozent gewachsen, bilanzierte der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, Anfang Februar 2005 auf der Notenbank-Konferenz in Cannes. Bei entsprechenden Strukturreformen sei langfristig ein deutlich höheres Wachstum möglich. Wenn der Libanon mithalten kann, dann wird auch Syrien profitieren.