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Syrische Regierung ist zurückgetreten

29. März 2011

Der Druck der Straße wurde offenbar zu stark. Nach wochenlangen Protesten für mehr Demokratie ist die syrische Regierung zurückgetreten. Von Staatschef Assad werden politische Reformen erwartet.

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Regierungsgegner demonstrieren (Foto: dapd)
Etappensieg für die Demonstranten?: Syrien bekommt eine neue RegierungBild: dapd

Die Proteste in der südlichen Stadt Daraa könnten sich bald auf das ganze Land ausweiten. Das will das syrische Regime mit aller Macht verhindern. Die Regierung unter Ministerpräsident Nadschi Otri hat am Dienstag (29.03.2011) ihren Rücktritt angekündigt. Präsident Baschar Al-Assad hat dem Gesuch stattgegeben. Bis zum Ende der Woche solle eine neue Regierung benannt werden. Ministerpräsident Otri wird nach Berichten der syrischen Nachrichtenagentur Sana die Regierungsgeschäfte nur noch übergangsweise führen.

In der Hauptstadt Damaskus, in den nördlichen Provinzen Aleppo und Hasake sowie in den Städten Hama und Homs versammelten sich zehntausende Anhänger Assads zu Demonstrationen. Die Protestaktion galt als "Marsch der Loyalität gegenüber der Nation". Mit Ausnahme staatlicher Kundgebungen sind in Syrien alle Demonstrationen verboten.

Der seit elf Jahren regierende Staatschef Assad will sich in nächster Zeit in einer Rede zu den angekündigten politischen Reformen äußern. Es wird auch erwartet, dass er den seit fast 50 Jahre geltenden Notstand beendet.

Syriens Führung beugt vor

Syriens Noch-Ministerpräsident Nadschi Otri (Foto: picture alliance/dpa)
Bleibt nur noch übergangsweise Ministerpräsident: Nadschi OtriBild: picture alliance/dpa

Mit einer ganzen Reihe von Reformen will Assad offenbar den Protesten den Wind aus den Segeln nehmen. Der Rücktritt der Regierung war nach zwei Wochen Demonstrationen für mehr Demokratie und gegen Korruption erwartet worden. Noch-Ministerpräsident Otri hatte seine Regierung im Jahr 2003 gebildet und zuletzt im April 2009 umgeformt.

Bereits am Sonntag hatte Staatschef Baschar Al-Assad angekündigt, das seit 1963 geltende Notstandsgesetz aufzuheben. Die Abschaffung des Gesetzes, das die meisten Bürgerrechte außer Kraft setzt, gehörte seit langem zu den Forderungen der Opposition.

Bei den Unruhen der vergangenen Wochen sind nach Angaben der Opposition bisher landesweit 130 Menschen getötet worden. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch spricht davon, dass seit dem 18. März 61 Menschen ums Leben kamen. Das Zentrum der Proteste war bislang die Stadt Daraa im Süden des Landes. Dort versammelten sich auch am Dienstag wieder rund 300 Regierungskritiker. In der Küstenstadt Latakia verboten die Behörden jegliche Kundgebungen.

Assad, der Reformer?

Pro-Assad Demonstration in Damaskus (Foto: AP)
Hat in Syrien noch viele Unterstützer: Staatschef Baschar Al-AssadBild: AP

Wie ernst Staatschef Assad es mit den Reformen meint, wird sich erst in den nächsten Tagen und Wochen zeigen. In den vergangenen Jahren war er weit hinter den in ihn gesetzten Erwartungen zurückgeblieben. Nach dem Tod seines Vaters, Hafis Al-Assad, im Jahr 2000 leitete der damals erst 34-Jährige Baschar den "Frühling von Damaskus" ein und versprach in seiner Antrittsrede die Aufhebung des Notstands und die Öffnung des Ein-Parteien-Systems. In den ersten Monaten seiner Amtszeit schien sich tatsächlich etwas zu ändern: Baschar Al-Assad führte das Internet ein, ließ Diskussionen zu und entließ politische Gefangene. Doch der junge Staatschef hielt dem Druck der alten Garde nicht stand. Mit der Verhaftung von zehn Oppositionellen 2001 war der "Frühling von Damaskus" schon wieder vorbei. Der Geheimdienstapparat kontrolliert seither das Land.

Autorin: Julia Hahn (mit afp, dapd, rtr)

Redaktion: Marko Langer