1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Tödliche Technik

Rafael Heiling21. März 2003

Ein sauberer Krieg soll es werden. Wenn die USA gegen Saddam Hussein ins Feld ziehen, soll kein Pilot mehr durchs feindliche Feuer fliegen müssen. Raketen lenkt der Satellit, Aufklärungsflugzeuge steuern sich selbst.

https://p.dw.com/p/362K
Demnächst auch ohne Pilot?Bild: AP

"Die kriegen alles klein, was sie kleinkriegen wollen", sagt Joachim Rohde über die US-Streitkräfte und ihre Hightech-Waffen. Rohde beschäftigt sich bei der Stiftung Wissenschaft und Politik mit Trends der Rüstungstechnologie. Im DW-WORLD-Interview betont er, dass die USA enorme Fortschritte dabei gemacht hätten, präzisionsgesteuertes Kriegsgerät startklar zu machen.

Ziele ohne Zeitverlust bekämpfen

Angefangen bei der Aufklärung möglicher Ziele: "Im Golfkrieg gab’s ein organisatorisches Problem. Die Aufklärungssatelliten gehörten der CIA, die Daten gingen den Dienstweg rauf und wieder runter. Das dauerte nicht Stunden, das dauerte einen Tag", wie Rohde sagt. "Heute setzt man einen ‚Global Hawk‘ übers Zielgebiet, der sieht alles, was sich bewegt." "Global Hawk" ist eine Drohne – ein unbemanntes Aufklärungs-Flugzeug, das in 20 Kilometern Höhe fliegt und mit optischen und Wärme-Sensoren ausgerüstet ist. Die Daten, bestenfalls auf zehn Zentimeter genau, bekommt der Kommandeur vor Ort direkt auf den Schirm. Die bewaffnete Version heißt "Predator" – sie fliegt etwa 7600 Meter hoch und schießt notfalls gleich mit Raketen. "Ziele werden aufgeklärt und zeitverzugslos bekämpft", erklärt Rohde. Und: Theoretisch muss kein Pilot mehr sein Leben riskieren. Die USA testen derzeit unbemannte Kampfflugzeuge (X-45 und X-47).

Zieldaten aus dem All

Auch ohne Drohne sollen neue Raketen es möglich machen, feindliche Stellungen bequem aus der Ferne zu zerstören. Zwar gab es 1991 schon "smart bombs", die von Laser gelenkt ihr Ziel fanden. Doch bei Regen, Wolken oder Staub in der Luft verlor der Sensor seinen Leitlaser – Fehlschuss. Im September hat die Waffenfirma Lockheed-Martin eine Rakete namens JSSM ausprobiert (Joint Air-to-Surface Standoff Missile), die auch im dicksten Nebel ankommen soll. Mittlerweile werden Raketen, wie zum Beispiel JDAM-Bomben (Joint Direct Attack Munition), sogar über Satelliten-Navigation (GPS) gesteuert. In Afghanistan markierten vorher kleine US-Spezialeinheiten die Ziele mit GPS bis auf wenige Meter genau – B-52-Bomber schossen dann darauf, weit entfernt von Luftabwehrstellungen. In Afghanistan überstieg der Anteil intelligenter Waffen mit 60 Prozent erstmals den der konventionellen Systeme.

Desert Storm
Mit Laser ins Ziel: "Operation Desert Storm", Golfkrieg 1991Bild: AP

Zwischen Kurzschluss und Schockwelle

Allerdings: Nicht jede Rakete sprengt. Angeblich planen die USA den Einsatz von "High Power Microwave"-Waffen. Sie sollen in Sekundenbruchteilen enorme elektrische Felder entwickeln, die mit einer Stromstärke von zehn Millionen Ampère sämtliche elektronischen Anlagen lahmlegen können. Menschen sollen dabei zumindest nicht getötet werden. Ähnliches bewirkt eine Bombe namens "Blackout", die in irakischen Städten jeweils einen gigantischen Kurzschluss erzeugen soll.

Gegen stabile Bunker könnte das US-Militär die Bombe BLU188-S einsetzen, wie gegen die Kommandozentralen in den Bergmassiven von Afghanistan. Die BLU tötet alles Leben durch eine heftige Schockwelle.

Atombomben sollen am Boden bleiben

Vor allem aber verlässt sich Washington auf die Drohung mit Atombomben. "Allein, dass sie daran denken, ist Skandal genug", erklärt Frank Ohe, Geschäftsstellenleiter der Organisation Ärzte gegen Atomkrieg (IPPNW) der DW-WORLD. Rohde hält den tatsächlichen Einsatz aber für sehr unwahrscheinlich. "Da würde eine psychologische Schwelle überschritten, die seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie überschritten wurde. Außerdem haben die USA zu viele andere Optionen."