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Erdogans "Aktionsplan" gegen Deutschland

8. Juni 2016

In Ankara werden Maßnahmen als Protest gegen die jüngste Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages angedroht. Die Ankündigungen des Sprechers von Staatschef Erdogan bleiben zunächst verschwommen.

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Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan (foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Suna

Die Völkermord-Resolution des Berliner Parlaments hat offenbar das Faß zum Überlaufen gebracht: "Die zuständigen Stellen, allen voran das Außenministerium" bereiteten einen "Aktionsplan" gegen Deutschland vor, gab Ibrahim Kalin, der Sprecher des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan vor der Presse in Ankara bekannt. Sobald dieser Plan fertig sei, werde er Erdogan und Ministerpräsident Binali Yildirim vorgelegt. Wenn die Einzelheiten der "Maßnahmen" feststünden, werde die Öffentlichkeit informiert, äußerte sich Kalin.

Der Bundestag hatte am vergangenen Donnerstag eine Resolution verabschiedet, in der die Abgeordneten die Massaker an rund 1,5 Millionen Armeniern und Angehörigen anderer christlicher Minderheiten vor gut hundert Jahren im Osmanischen Reich erstmals offiziell als Völkermord einstuften. Bei der türkischen Regierung, die die Einstufung als Genozid vehement ablehnt, stieß die Resolution auf Empörung und scharfe Kritik.

Diplomatische Rituale

Ankara rief in der Folge seinen Botschafter aus Berlin zu "Konsultationen" zurück. Türkische Politiker äußerten sich erbost und kritisierten insbesondere die Unterstützung der Resolution durch türkischstämmige Bundestagsabgeordnete. Das Auswärtige Amt lud daraufhin seinerseits den türkischen Geschäftsträger zum Gespräch. Erdogan, der zur Zeit der Abstimmung auf einer Afrikareise war, kündigte an, dass bei seiner Rückkehr "Maßnahmen" ergriffen würden.

Der türkisch-stämmige Abgeordnete Cem Özdemir von den Grünen (foto: dpa)
Immer wieder im Zentrum der Polemik aus der Türkei: der türkisch-stämmige Abgeordnete Özdemir von den GrünenBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Haft für deutsche Abgeordnete?

Die deutsche Boulevard-Zeitung "Bild" berichtet derweil unter Berufung auf die türkische Zeitung "Sözcü", dass in der Türkei mindestens drei Klagen gegen elf deutsche Bundestagsabgeordnete mit türkischen Wurzeln vorbereitet würden. Kläger seien zwei Polizeigewerkschaften und eine Juristenorganisation. Die Vorwürfe lauteten wohl auf Verunglimpfung der türkischen Nation und der Regierung, es drohten bis zu zwei Jahre Gefängnis. Bei den beschuldigten Parlamentariern handelt es sich offenbar um Grünen-Chef Cem Özdemir - einen der Initiatoren der Armenien-Resolution -, die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung Aydan Özuguz von der SPD und andere von Grünen, Linken, SPD und CDU.

Mit den Angriffen der Türkei auf die türkischstämmigen deutschen Politiker beschäftigt sich an diesem Donnerstag der Bundestag in einer Aktuellen Stunde.

Terrorbefehl aus Deutschland?

Die regierungsnahe türkische Zeitung "Günes" verstieg sich am Mittwoch in die Beschuldigung, Deutschland sei für den jüngsten Autobombenanschlag in Istanbul mit mindestens elf Toten verantwortlich. "Deutsches Werk", lautete die Schlagzeile auf der Titelseite. Die Deutschen hätten die harte Reaktion der Türkei auf die "beschämende" Völkermord-Resolution nicht ertragen. "In Panik geratend, ist es in alte Gewohnheiten zurückgefallen. Es hat die Terrororganisationen, die es als Marionette benutzt, einen blutigen Anschlag in Istanbul verüben lassen." Das Blatt glaubt sich dabei auf Volkes Stimme berufen zu können: "So denkt die Türkei", schrieb "Günes"...

SC/uh (afp, dpa, Bild)