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Türken twittern einfach weiter

22. März 2014

Die Twitter-Sperre in der Türkei verfehlt offenbar ihre Wirkung. Nutzer finden Mittel und Wege, um die von Regierungschef Erdogan angeordnete Blockade des Dienstes zu umgehen

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Ein Bild von Premier Erdogan auf einem Twitter-Account
Bild: Reuters

Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twitter umgehen die von der Regierung auferlegte Sperre eifrig. Nach Angaben von Datenauswertungsdiensten wurden in den ersten 36 Stunden des Verbots Millionen von Tweets abgesetzt. Die Medien-Ratingagentur Somera geht sogar davon aus, dass die Nutzung von Twitter seit der Sperre, die in der Nacht zum Freitag in Kraft getreten ist, um 33 Prozent zugenommen hat. Datendienste schätzten die Zahl der aus der Türkei pro Minute abgesetzten Tweets auf 17.000.

Der konservativ-islamische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte das Twitter-Verbot in einer Wahlkampfrede angekündigt. Über die Online-Plattform werden seit Wochen Korruptionsvorwürfe gegen Erdogan und seine Regierung veröffentlicht. Erdogan hatte auch schon Verbote der Internetplattformen YouTube und Facebook angekündigt. Regierungsgegner nutzen die Online-Dienste zum Meinungsaustauch und zur Mobilisierung für Demonstrationen und andere politische Aktionen. Ende März finden in der Türkei Kommunalwahlen statt. Erdogans AKP muss um ihre Mehrheit bangen.

Türken zwitschern munter weiter

Vorwürfe gegen Twitter

An diesem Samstag legte der Regierungschef mit einer Generalkritik nach: Twitter sei parteilich und werde systematisch zum Rufmord gegen die Regierung genutzt, erklärte Erdogans Büro. Diese voreingenommene Einstellung schade nicht nur dem Ansehen von Twitter, sondern "schafft ein unfaires und falsches Bild unseres Landes". Der Dienst verstoße gegen Hunderte türkischer Gerichtsentscheidungen. Über Twitter seien illegal erworbene und gefälschte Aufnahmen verbreitet worden.

Blockade wirkt nicht

Twitterer können die Blockade umgehen, indem sie ihre Identität und die Herkunft ihrer Netzeinwahl verschleiern. Solche Verschlüsselungsprogramme sind frei im Internet erhältlich. In Istanbul beschrieben auch Graffiti an öffentlichen Plätzen und einige Radiosender, wie weiter getwittert werden kann.

Twitter selbst verbreitete auf dem Account "àpolicy" Tipps, wie türkische Nutzer Kurznachrichten per SMS absetzen könnten. In der Türkei und international löste das Vorgehen Erdogans einen Sturm der Entrüstung aus.

Baha Güngör zur Twitter-Sperre

Unterdessen weigert sich die zum Internet-Riesen Google gehörende Videoplattform YouTube nach einem Zeitungsbericht, Clips auf Forderung der türkischen Regierungsbehörden zu löschen. Google betrachte die Löschanträge als rechtlich unwirksam, heißt es im "Wall Street Journal" unter Berufung auf informierte Personen. Bei YouTube waren Telefonmitschnitte veröffentlicht worden, mit denen Erdogan der Korruption bezichtigt wird. Die Haltung von Google könnte dazu führen, dass auch der Zugang zu YouTube in der Türkei gesperrt wird.

wl/sti (dpa, afp,rtr)