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Eine Feier für das Grundgesetz

26. März 2009

Zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 kamen die ersten türkischen Gastarbeiter nach Deutschland. Um seine Identifikation mit der Verfassung zu demonstrieren, feiert der Verband der Türkischen Gemeinde.

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schwarz-weißes Bild: Konrad Adenauer sitzt am Schreibtisch und unterzeichnet das Grundgesetz (Foto: dpa)
Konrad Adenauer unterzeichnete vor 60 Jahren das Grundgesetz (Archivbild: 1949)Bild: picture-alliance / dpa

Die Türkische Gemeinde feiert das deutsche Grundgesetz, das in diesem Jahr 60 Jahre alt wird. Bei seiner Rede auf dieser Feier im Roten Rathaus hatte Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit viele lobende Worte für die Türkische Gemeinde bereit. Er gratulierte zu "diesem bemerkenswerten Akt des Verfassungspatriotismus". Es sollten nicht immer nur die negativen Seiten und misslungene Beispiele von Integration betont werden. Türkische Abiturienten mit Bestnoten, erfolgreiche Karrieren in Wirtschaft und Politik fungierten als Vorbilder für viele türkischstämmige Menschen in Deutschland, so Wowereit.

Grundgesetz als Garant kultureller Freiheit

Das Grundgesetz wird in die Kamera gehalten (Foto: dpa)
Die Türkische Gemeinde lobt das deutsche GrundgesetzBild: dpa - Fotoreport

Ohne die Rechte des Grundgesetzes sei eine derartige Entwicklung nicht möglich gewesen, betonte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat: "Das Grundgesetz bietet auch Nicht-Deutschen weitgehende Rechte und Entfaltungsmöglichkeiten, die in der Verfassungen der einzelnen Herkunftsländer nicht vorgesehen sind". Migranten sollten diese Rechte auch wahrzunehmen, alle seien aufgefordert, diese Partizipation zu gestalten. Die Verantwortung läge auf beiden Seiten, so Kolat.

Was der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland die Partizipation, also die Teilhabe an der deutschen Gesellschaft nennt, heißt bei Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble Integration. Der CDU-Politiker wies darauf hin, dass sich laut Statistik die Schere zwischen erfolgreichen und erfolglosen Deutsch-Türken immer weiter öffne. Wenn sie vergleichbare soziale Voraussetzungen hätten, seien türkischstämmige Jugendliche genauso erfolgreich wie deutsche Jugendliche, bemerkt er.

"Jede stabile freiheitliche Ordnung braucht ein möglichst hohes Maß an freiwilliger Übereinstimmung und gemeinsamen Vorstellungen davon, wie man zusammen lebt", so Wolfgang Schäuble. Man brauche eine gemeinsame Basis des Zusammenlebens, damit Vielfalt eine echte Bereicherung sei, in der niemand seine eigene Identität aufgeben müsse, wo man offen genug sei, sich aufeinander einzustellen. Deshalb brauche man eine offene Gesellschaft, die Integration fördere sie nicht mit Assimilation gleichsetze.

Mitbestimmung als Voraussetzung für Integration

Eine Hand steckt einen Zettel in eine Wahlurne (Foto: dpa)
Bei Kommunalwahlen dürfen Nicht-EU-Bürger nicht wählen (Archivfoto: 2004)Bild: dpa

Als Voraussetzung für eine gelungene Integration sehen viele Türken in Deutschland aber ein Recht zur Mitbestimmung. Für EU-Bürger mit Wohnsitz in Deutschland gibt es dieses bereits - bei Kommunalwahlen dürfen sie mit über Bürgermeister und Stadträte entscheiden. Wer allerdings nicht die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedslandes hat, ist nach wie vor von den Kommunalwahlen ausgeschlossen. Während beispielsweise ein Portugiese, der seinen Wohnsitz vor vier Monaten nach Deutschland verlegt hat, an den Kommunalwahlen in Deutschland teilnehmen kann, darf ein Türke, der in Deutschland geboren wurde und seit 20 Jahren hier lebt am Wahltag kein Kreuzchen machen.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, macht sich für das Recht an politischer Beteiligung stark. Nur wer sein Lebensumfeld aktiv mitgestalten kann, kann Identifikation entwickeln. Aus diesem Grund müssten gleiche Rechte für alle Menschen, die dauerhaft in Deutschland leben, geschaffen werden. "Die Beteiligungsmöglichkeiten und die Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen müssen erweitert werden, dazu gehört auch das Wahlrecht", so Kolat.

Unterstützung für ihre Forderung erhielt die Türkische Gemeinde vom regierenden Bürgermeister Berlins. Klaus Wowereit sieht eine Ungerechtigkeit in der jetzigen Regelung, die beim kommunalen Wahlrecht eine Unterscheidung zwischen Deutschen, EU-Bürgern und Menschen anderer Nationalitäten macht. Künftig solle das anders werden.

Autor: Zacharias Zacharakis

Redaktion: Mareike Roewekamp