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Türkisches Militär vor radikalem Umbau

28. Juli 2016

Nach dem gescheiterten Putsch sind Tausende Militärangehörige entlassen worden. Jetzt geht es um die Neubesetzungen. In Ankara kam die Armeespitze zusammen, die die Pläne von Präsident Erdogan absegnen soll.

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Foto: dpa
Premier Binali Yildirim mit hohen Militärs vor dem Treffen des Militärrats in AnkaraBild: picture-alliance/dpa/EPA/Str

Weil die türkische Führung misstrauisch ist, fand das Treffen des Militärrats nicht wie üblich im Armeehauptquartier sondern in der Residenz von Regierungschef Binali Yildirim (Artikelbild Mitte) statt. Kurz vorher war der Rücktritt zweier ranghoher Generäle bekannt geworden. Wie die Nachrichtenagentur Dogan berichtet, gaben der Generalstabschef der Bodentruppen, Ihsan Uyar, sowie Ausbildungsleiter Kamil Basoglu ihre Posten auf. Von offizieller Seite wurden die Rücktritte zunächst nicht bestätigt.

Unehrenhafte Entlassungen

Erst am Mittwoch waren 149 Generäle und Admiräle unehrenhaft aus den türkischen Streitkräften entlassen worden. Das entspricht laut Militär-Statistiken etwa 40 Prozent der türkischen Generalität. Ihnen wird vorgeworfen, in den Putschversuch vom 15. Juli gegen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan verwickelt zu sein. Einem Regierungsdekret entsprechend wurden außerdem 1099 Offiziere entlassen. Über die Neubesetzungen soll der Militärrat jetzt entscheiden. An dem Treffen nehmen unter anderem Verteidigungsminister Fikri Isik und Armeechef Hulusi Akar (Artikelbild links) teil.

Derweil kündigte Innenminister Efkan Ala an, die Polizei des Landes mit schweren Waffen ausrüsten zu wollen. "Wir werden nicht so tun, als sei nichts geschehen", sagte er der Agentur TGRT dazu. Die türkische Führung strebt schon seit langem an, die Polizei stärker zu bewaffnen, damit sie ein Gegengewicht bildet zum Einfluss der Armee.

Erdogan erlässt Notstandsdekrete

Seit dem gescheiterten Putsch wurden nach Regierungsangaben mehr als 15.800 Menschen festgenommen, etwa 10.000 davon aus den Streitkräften. Insgesamt wurde gegen mehr als 8100 davon Haftbefehl erlassen, rund 3000 wurden freigelassen. Der Rest sitzt weiter in Polizeigewahrsam. Nach Erdogans Notstandsdekret vom Samstag können Festgenommene bis zu 30 Tage festgehalten werden, bis sie einem Haftrichter vorgeführt werden müssen. Zuvor waren es vier Tage. Zehntausende Staatsbedienstete wurden suspendiert.

Auch Deutschland soll Gülen-Anhänger ausliefern

Erdogan wirft dem in den USA lebende Prediger Fethullah Gülen vor, Drahtzieher des Umsturzversuchs zu sein. Gülen bestreitet das. Justizminister Bekir Bozdag sagte dem TV-Sender Habertürk, es gebe Geheimdienstinformationen, dass Gülen versuchen könnte zu flüchten. Demnach seien Australien, Mexiko, Kanada, Südafrika oder Ägypten als mögliche Zufluchtsländer im Gespräch, sagte der Minister. Die Türkei verlangt von den USA die Ausweisung des einstigen Weggefährten Erdogans. Wie der Sender CNN Türk berichtet, wurde auch Deutschland aufgefordert, Gülen-Anhänger auszuliefern.

uh/sti (dpa,afp)