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Parlament gegen Kopftuch-Verbot

7. Februar 2008

Das Kopftuch-Verbot an türkischen Universitäten wackelt: Das türkische Parlament hat einer entsprechenden Verfassungsänderung in erster Lesung zugestimmt. Am Samstag (9.2.2008) soll abschließend beraten werden.

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Kopftuchträgerin
Studieren mit dem Kopftuch soll in der Türkei bald möglich seinBild: picture-alliance/ ZB

Nach mehr als dreizehn Stunden Beratung stimmten am Mittwoch Abend (6.2.2008) laut Parlamentsvizepräsident Nevzat Pakdil 404 Abgeordnete für die Aufhebung des Kopftuch-Verbots an Hochschulen. 92 Parlamentarier votierten gegen die geplante Verfassungsänderung. Damit wurde die notwendige Zweidrittelmehrheit erreicht. Die Abstimmung war geheim. Am Samstag soll das Parlament in zweiter Lesung abschließend über die Verfassungsänderung entscheiden.

Für die Aufhebung des Verbots haben sich die islamisch geprägte Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und die nationalistische Partei MHP ausgesprochen. Die Opposition lehnt die Freigabe mit der Begründung ab, diese untergrabe das weltliche Fundament des türkischen Staats und sei ein Zeichen der schleichenden Islamisierung der Türkei. Die CHP-Abgeordnete Nur Serter warf der AKP im Parlament vor, religiöse Gefühle zu missbrauchen und die Türkei in einen islamischen Staat umwandeln zu wollen. "Der Schleier spaltet das Land und macht aus den Frauen Bürger zweiter Klasse", sagte sie.

Opposition kündigt Verfassungsbeschwerde an

AKP und MHP verfügen im Parlament zusammen über mehr als 400 der 550 Sitze. Deswegen wird damit gerechnet, dass die Verfassungsänderung auch in der zweiten Lesung am Samstag verabschiedet wird. Stimmt Staatspräsident Abdullah Gül zu, kann die Novelle in Kraft treten. Die CHP hat allerdings bereits angekündigt, notfalls vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Experten rechnen damit, dass das Gericht die Änderung kippen und das Kopftuchverbot damit zementieren wird. In diesem Fall könnte der Streit erneut vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg landen. Das Gericht hat das türkische Kopftuchverbot vor vier Jahren zwar bestätigt, aber nicht als zwingend vorgeschrieben.

Demonstration am Atatürk-Grabmal
Hunderttausend Menschen demonstrierten am 2. Februar vor dem Grabmal von Staatsgründer Atatürk gegen das KopftuchBild: AP

Das Kopftuch ist seit Ende der achtziger Jahre an türkischen Hochschulen verboten. Manche Frauen verzichten deswegen auf ein Studium, andere tragen ihr Kopftuch in Vorlesungen unter einer Perücke. Für Beamtinnen, Schülerinnen und Parlamentarierinnen soll das Verbot weiter in Kraft bleiben. Die Opposition fürchtet jedoch, dass die Freigabe des Kopftuchs an den Hochschulen nur der erste Schritt ist, das Kopftuch auch in öffentlichen Ämtern und Schulen zuzulassen.

(det)