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Diktator auf Lebenszeit

Emran Feroz24. Mai 2016

Seit fast 25 Jahren ist Emomali Rahmon Präsident von Tadschikistan. Damit das so bleibt, hat er nun die Verfassung per Referendum ändern lassen. Doch an der Wahlfreiheit bei diesem Referendum bestehen erhebliche Zweifel.

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Tadschikistans Präsident Emomali Rahmon (Foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Präsident Emomali Rahmons dicke Augenbrauen sind sein Markenzeichen – und sie sind allgegenwärtig. Egal ob im Fernsehen, im Internet oder in den Zeitungen, der stämmige Altkommunist scheint überall zu sein. Seit nun zwei Jahrzehnten steht Rahmon an der Spitze der zentralasiatischen Republik Tadschikistan. Es ist schon seine vierte Amtszeit. Nun wurde jedoch klar, dass es nicht seine letzte Amtszeit sein wird.

Seit dem Ende des tadschikischen Bürgerkrieges in den 90er-Jahren regiert Rahmon das Land mit eiserner Hand. Obwohl regelmäßig Wahlen abgehalten werden, hat sich Tadschikistan in den letzten Jahren zu einer repressiven Diktatur entwickelt. Kritische Medien werden nicht geduldet, Oppositionspolitiker werden gejagt und gefoltert. Währenddessen bereichern sich Rahmon und sein Clan auf Staatskosten.

Dem Präsidenten aber reicht das nicht. Eine umfassende Verfassungsreform, die insgesamt 41 Gesetzesveränderungen beinhaltet, soll ihm nun die Macht auf Lebzeiten garantieren. Am vergangenen Sonntag musste das Volk darüber abstimmen. Laut Staatsquellen gab es eine Wahlbeteiligung von 88 Prozent. 66 Prozent der Wähler sollen Rahmons Reformplänen zugestimmt haben. Laut unabhängigen Beobachtern hat es jedoch bis zum heutigen Tage keine freien Wahlen in Tadschikistan gegeben.

Opposition oder "Terrorgruppe"?

"Rahmon will seine Diktatur in einen demokratischen Mantel hüllen", meint etwa Jannatulloh Komil, ein Sprecher der Islamischen Partei der Wiedergeburt Tadschikistans (IPWT). Jahrelang wurde die Partei als einzige oppositionelle Alternative zum Rahmon-Regime wahrgenommen. Nachdem die IPWT jedoch in den letzten Jahren so gut wie vollständig aus dem politischen Leben ausgeschlossen wurde, zog die tadschikische Regierung es im September 2015 vor, sie als "extremistische Terrorgruppe" vollständig zu verbieten.

Tadschikinnen bei der Abstimmung (Foto:dpa)
Tadschikinnen bei der AbstimmungBild: picture-alliance/dpa/Tajik President Press Office

Mit der bevorstehenden Reform will Rahmon seine Schritte gegen die Wiedergeburtspartei vervollständigen. Unter anderem soll ein Gesetz verankert werden, das die Gründung von religiös motivierten Parteien im hauptsächlich von Muslimen bewohnten Land verbieten soll. "Diese Schritte sind nicht nur gegen unsere Partei, sondern gegen unsere gesamte Nation", betont Komil, der vor rund einem Jahr nach Deutschland geflüchtet ist.

Auch von Beobachtern wird das Verbot der IPWT kritisch bewertet. "Angesichts des Erfordernisses von IS-Prävention in Zentralasien kann das Verbot der IPWT geradezu als 'Schulbeispiel' fehlerhaften Umgangs mit einer reformorientierten islamischen Partei im OSZE-Raum gelten", meint etwa Arne Seifert vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik in Hamburg.

Dass Emomali Rahmons Politik, die in den letzten Jahren starke antireligiöse Züge angenommen hat, Extremismus schürt, ist mittlerweile unübersehbar. Im vergangenen Jahr schloss sich Gulmurod Khalimov, zuvor noch Anführer einer Eliteeinheit, die für mehrere Anti-Terroreinsätze verantwortlich war und sowohl von den USA als auch von Russland ausgebildet wurde, dem IS an. In einem Propagandavideo machte er Rahmons antiislamische Politik für sein Handeln verantwortlich. Abgesehen davon befinden sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt tadschikische Kämpfer im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. Nicht wenige von ihnen haben mittlerweile dem IS oder anderen extremistischen Gruppierungen die Treue geschworen.

An Rückkehr ist nicht zu denken

Auch andere Parteien und Gruppierungen sind von Rahmons Repressalien betroffen. "Das Ergebnis dieser sogenannten Abstimmung war uns im Vorhinein klar. Wer sich im Land befindet, konnte nur zugunsten Rahmons stimmen. Andernfalls hätte er oder sie das Land verlassen müssen", meint Nuriddin Rizoyi, Mitglied der "Group 24", einer jungen, zivilgesellschaftlichen Tadschiken-Gruppe, die sich der Revolution verschrieben hat und vor allem die internationale Gemeinschaft auf die Lage in ihrer Heimat aufmerksam machen will.

Präsidentenpalast in Duschanbe (Foto:DW)
Der Präsidentenpalast in DuschanbeBild: DW/Galim Faskhutdinov

Gemeinsam mit anderen Aktivisten organisierte Rizoyi in den letzten Wochen und Monaten mehrere Proteste gegen das Rahmon-Regime, unter anderem etwa in Wien und Bonn. Der politische Aktivismus hat für den jungen Tadschiken, der seit einigen Monaten als anerkannter Flüchtling in Österreich lebt, Konsequenzen. "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist an eine Rückkehr in meine Heimat nicht zu denken. Dies betrifft alle politischen Aktivisten, solange es nicht zu einer Revolution kommt, die die Diktatur entmachtet", meint Rizoyi.

"Im Falle einer Rückkehr erwartet mich das Schicksal vieler anderer Aktivisten, nämlich eine Mindesthaftstrafe von siebzehn Jahren", fügt Rizoyi hinzu. Mehrere Mitglieder der "Group 24" befinden sich in Haft. Umarali Kuvatov, der Gründer der oppositionellen Gruppierung, wurde im März 2015 mitten in Istanbul ermordet. Die Tat wird Rahmons Hintermännern angelastet.